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Stellungnahme zum EFK-Bericht

Die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) kritisiert in ihrer Evaluation der CO2-Abgabebefreiung für Unternehmen mit Verminderungsverpflichtung unter anderem, dass die Einsparungen der von der CO2-Abgabe befreiten Unternehmen zu niedrig seien. Ein weiterer Kritikpunkt: Die Transparenz bei den Kosten der Energieagenturen und -beratenden sei ungenügend. Und: Die EFK stört sich an der geltenden Auslagerungspraxis, also dass die Energieagenturen ihre Beratungstätigkeit an Drittfirmen auslagern dürfen.

Die EFK fordert in der Evaluation, dass Massnahmen zur Verbesserung der Governance ergriffen werden, konkret dass die heutige Auslagerungspraxis abgeschafft wird. Auch soll die Aufsicht über die Energieagenturen und ‑beratenden verstärkt werden.

Ziele sind vom Bund reguliert und kontrolliert

Die Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW) nimmt die Kritik und Forderungen der EFK erstaunt zur Kenntnis. Was die Verminderungsverpflichtungen betrifft, hält die EnAW fest, dass sie vom Bund beauftragt wurde, diese Verpflichtungen umzusetzen. Die Umsetzung dieses Mandats ist reguliert und unter anderem an die Bedingung geknüpft, dass nur wirtschaftliche Massnahmen im Zielvorschlag erfasst werden dürfen. Unter anderem wollte man damit auch den «Werkplatz Schweiz» schützen und verhindern, dass Unternehmen ins Ausland abwandern. Alle Ziele werden vom Bund geprüft und auditiert. Für hehre, weitergehende Ziele hat die EnAW die beiden Angebote «Roadmap zur Dekarbonisierung» und «Ressourceneffizienz» entwickelt, welche ein Netto-Null-Ziel anstreben – aber auf freiwilliger Basis.

EFK vergleicht nicht vergleichbare Zahlen

In ihrer Kritik zu den CO2-Einsparungen durch die Unternehmen vergleicht die EFK in ihrem Bericht die effektiv erreichten Einsparungen der befreiten Unternehmen mit den Einsparungen der gesamten Industrie inklusive Reduktion durch Unternehmens-Schliessungen. Allein die Schliessung einer der Tamoil-Raffinerie in Collombey 2016 hat zu einer Reduktion von ca. 640 000 Tonnen CO2 resp. ca. 6.4 % des CO2-Austosses der Industrie in einem Jahr geführt. Auch zwei sehr grosse Papierfabriken und viele andere Unternehmen wurden in dieser Zeit aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen. Diese Betriebe waren im EHS-System eingebunden und nicht in der Vergleichsgruppe der untersuchten abgabebefreiten Unternehmen. Würde man das beim Ergebnis entsprechend auskorrigieren, wäre die Ersparnis bei den von der Abgabe befreiten Firmen viel höher als im Rest der Industrie. Der Vergleich ist also methodisch falsch.

EnAW-Beraterinnen und -Berater unabhängig zertifiziert

In Bezug auf die Governance weist die EnAW darauf hin, dass sie dem Bund, sprich dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) und dem Bundesamt für Energie (BFE), jederzeit alle geforderten Angaben und Erklärungen zu Finanzzahlen geliefert hat. Überdies wurden jedes Jahr Betriebsrechnungen und Budgets vom Bund abgenommen. Den Vorwurf der Intransparenz weist die EnAW zurück.

Zur Auslagerungspraxis: Diese ist, wie im Übrigen auch die EFK in ihrem Bericht schreibt, explizit erlaubt. Zudem ermöglicht sie es, externe Ingenieurbüros zu beauftragen, womit die EnAW eine unabhängige, fachlich bestmögliche Beratung und eine höhere Flexibilität bei der Abdeckung von Arbeitsspitzen gewährleisten kann. Alle EnAW-Beraterinnen und -Berater sind von einer unabhängigen Zertifizierungsstelle zertifiziert, damit ein hoher Qualitätsstandard gewährt werden kann. Auch die Zufriedenheit der Unternehmen, die, wie die EFK in ihrem Bericht schreibt, gemäss Umfragen bei sehr hohen 95 Prozent liegt, bestätigt, dass die Auslagerungspraxis von der Wirtschaft geschätzt wird.

Vertrauen, von der die Umwelt profitiert

Die EnAW erinnert daran, dass die Unternehmen unseren EnAW-Beraterinnen und -Berater Zugang zu äusserst sensiblen Daten und sogar Geschäftsgeheimnissen gewähren. Das Vertrauen, das die Unternehmen den Energieberatenden entgegenbringt, hat die EnAW während ihres über 20-jährigen Bestehens sorgsam aufgebaut. Diese Beziehungen und auch das Vertrauen in die Fachexpertise der EnAW-Beraterinnen und -Berater führt dazu, dass Unternehmen teils kostspielige Massnahmen getätigt haben, um ihre Emissionen zu reduzieren und ihre Energieeffizienz zu steigern. Massnahmen, die schliesslich der Umwelt zugutekommen.

Wir haben nachgefragt. Wir wollten wissen, was unsere Kunden beschäftigt, wo sie im Thema Nachhaltigkeit stehen und was sie von uns, der Energie-Agentur der Wirtschaft, erwarten um die Unternehmen im Energie- und Ressourcenmanagement vorwärts zu bringen. Die Resultate unserer Teilnehmerbefragung in Kürze.

Es gibt keine Zweifel: Nachhaltigkeitsziele sind in den Unternehmensphilosophien gut verankert und das Vertrauen in die Zusammenarbeit mit der EnAW und ihren Beraterinnen und Beratern ist hoch, wenn es um die Planung und Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele geht. Das zeigen die Resultate der Teilnehmerbefragung, die die EnAW im Oktober 2023 durchgeführt hat. Die Gründe, warum die Unternehmen auf die Zusammenarbeit mit der EnAW setzen sind neben der effizienten Erfüllung von gesetzlichen Pflichten insbesondere die massnahmenbasierte Umsetzung der Ziele, das Monitoring der Umweltleistung und die Ersparnis bei den Kosten durch die Reduktion des Energieverbrauchs. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der EnAW schätzen die exzellente Beratung im technischen Bereich genauso wie die Verlässlichkeit und Tiefe der für sie von der EnAW zur Verfügung gestellten Informationen.

Mit Zielvereinbarungen der EnAW vorwärts machen

Die Themen, die die Unternehmen aktuell am meisten beschäftigen, sind der Einsatz von erneuerbaren Energien und Energieträgern, die Planung und Umsetzung von Energie- und Ressourceneffizienzmassnahmen sowie nach wie vor die Situation bei der Versorgungssicherheit. Zudem wird das Instrument der Zielvereinbarung für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele als wirksam beurteilt: Einmal mehr bestätigt sich, dass die Zielvereinbarung für die Unternehmen ein effizientes Instrument ist, das durch ihren prozessualen Charakter Planungssicherheit bringt und kontinuierlich zur Aufdeckung von neuen Effizienzpotenzialen führt. Die Unternehmen passen ihre Ziele nach oben an und sind bereit, auch freiwillige Zielvereinbarungen abzuschliessen.

Grosses Interesse an neuen Angeboten

Ein vertiefter Blick in die Nachhaltigkeitsziele der Unternehmen bis 2050 zeigt, dass der Einsatz von erneuerbaren Energien Priorität hat. Die vollständig rezyklierbare und die klimaneutrale Produktion und die Klimaneutralität von Gebäude und Anlage gewinnen zunehmend an Bedeutung, gefolgt von der Ressourceneffizienz/Kreislaufwirtschaft. Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass das Interesse der Unternehmen an Angeboten wie der «Roadmap zur Dekarbonisierung» und «Ressourceneffizienz» gross ist. Die Unternehmen wollen ausserdem Best Practice Beispiele, um inspiriert den Weg zur Dekarbonisierung und Ressourceneffizienz zu gehen.

Wir danken allen Kundinnen und Kunden sehr, die sich die Zeit genommen und an der Teilnehmerbefragung mitgemacht haben.

Die «Zeitenwende» hat der Energiewende einen enormen Schub gegeben. Dekarbonisierung, Energie- und Ressourceneffizienz – wir können sicher sein: Es geht voran! Energie ist zu einem der Top-Themen auf den Chefetagen geworden.

Weg zu Netto-Null und zur Kreislaufwirtschaft muss allerdings sehr gut geplant sein. Wir sind überzeugt, dass der von uns verfolgte Ansatz betriebswirtschaftlich und ökologisch die gewünschten Wirkungen erzeugt: weniger Ressourcen, nachhaltige Prozesse und Produkte, sinkende Energiekosten und einen verkleinerten Fussabdruck.


Die EnAW-Methode wurde bereits in den 1990er Jahren «geboren». Gegen die erwarteten, steigenden Energiepreise schuf die Wirtschaft damals das freiwillige Zielvereinbarungsmodell, das später als Lenkungsinstrument auch Einzug in das CO2-Gesetz fand: Analyse, Zielbildung, Massnahmen und Monitoring. Die steigende Energieeffizienz durch die Massnahmenumsetzung sollte die steigenden Energiekosten kompensieren. Heute wissen wir: Das klappt.

Jetzt liegen die nächsten Etappen vor uns. Dafür haben wir die EnAW-Methode auf unsere Angebote «Dekarbonisierung » und «Ressourceneffizienz» übertragen. Wie das in der Praxis aussieht, erfahren Sie hier im Magazin. Ausserdem bieten wir einfache Energiespartipps und eine gute Portion Hintergrundwissen von Energie- und Politikexperten.

Wir wünschen Ihnen eine gute Lektüre!

Rudolf Minsch
Präsident

Erich A. Kalbermatter
Co-Geschäftsführer

Thomas Weisskopf
Co-Geschäftsführer

WEITERE INFORMATIONEN

V-ZUG hat Grosses vor: Das Schweizer Unternehmen will seinen Produktionsstandort in Zug transformieren. Mit diesem Schritt sollen die Produktionskapazität erhöht, aber auch der Energieverbrauch und die CO2-Emissionen gesenkt werden.

V-ZUG stellt unter anderem Backöfen her.

Blick in einen der Brennöfen von V-ZUG.

Auf dem Areal der V-ZUG in Zug bleibt derzeit kein Stein auf dem anderen. Krane sind im Einsatz, Bauarbeiter schwitzen. Das Unternehmen lässt auf seinem Areal gleich mehrere Gebäude errichten. Auf rund der Hälfte seiner heutigen Fläche wird V-ZUG künftig die doppelte Produktionskapazität erreichen. Die Neubauten sind Teil einer Transformationsstrategie, die V-ZUG schon vor acht Jahren beschloss und ein wichtiger Teil des neu entstehenden Tech Cluster Zug ist. Dieser soll nicht nur die Produktion des Schweizer Traditionsunternehmens modernisieren, sondern auch zusätzliche Industriebetriebe und weitere Unternehmen auf dem Areal integrieren. Dadurch soll ein vernetztes städtisches Ökosystem für Innovation, Produktion und Ausbildung entstehen. Sämtliche Gebäude, die V-ZUG nutzen wird, sollen im Jahr 2026/2027 bezugsbereit sein.


Bereits bezogen ist der Neubau «Zephyr Hangar», das neue Produktionsgebäude für die Fertigung und Montage von Haushaltsgeräten wie zum Beispiel Waschmaschinen und Backöfen. Insgesamt 1500 m3 Schweizer Holz hat V-ZUG für den Bau verwendet. Doch nicht nur bei den Baumaterialien zielt «Zephyr Hangar» auf Nachhaltigkeit ab. Innerhalb des Gebäudes kommt beispielsweise ein Warmwasserwärmetauscher zum Einsatz. Dieser nutzt unter anderem einen Teil der Abwärme aus dem Emailofen, der auf rund 850 Grad Celsius erhitzt wird.

Optimiertes Tragwerksystem in Neubau


Noch im Bau befindet sich unter anderem «Zephyr Ost». Dieses Gebäude erstreckt sich über fünf Etagen und basiert auf 4200 Kubikmetern Recyclingbeton, der zusätzlich mit CO2 angereichert ist. Dieser Beton, so heisst es, spare gegenüber herkömmlichem Beton rund 71 Tonnen CO2 ein. Ein optimiertes Tragwerksystem mit Pilzdecken und Hohlkörpereinlagen sorgt dafür, dass die Decken leichter sind und weniger Beton verbraucht wird – und damit auch weniger CO2. Bislang ist «Zephyr Ost» den Angaben zufolge das grösste Bauprojekt mit klimafreundlicherem Beton.


Sowohl «Zephyr Ost» als auch «Zephyr Hangar» und der dritte Neubau im Bunde, «Zephyr West», sind bzw. werden an den so genannten Multi-Energy-Hub auf dem Gelände des Tech Clusters Zug gekoppelt. Dieser versorgt den Tech Cluster Zug schon heute mit Wärme, Kälte und erneuerbarem Strom. Dazu nutzt er neben der Abwärme der Industrieprozesse auch das See- und Grundwasser, also lokal vorhandene, erneuerbare Energie. Im Sommer wird die Prozesswärme im Grundwasser gespeichert. Im Winter wird sie zum Heizen wieder entzogen. Für Tobias Frei, Projektleiter für den Multi Energy Hub im Tech Cluster Zug, ist der Hub nichts weniger als ein «Leuchtturmprojekt»: «Eine Arealentwicklung mit einer ganzheitlichen Energielösung in dieser Grössenordnung ist meines Wissens in der Schweiz einmalig.»

Ökologischer Fussabdruck soll kleiner werden


Bis alle Neubauten fertiggestellt und komplett in Betrieb sind, fährt V-ZUG aber noch zweigleisig. Denn parallel zu den Anlagen in den neuen Gebäuden, die Schritt für Schritt in Betrieb genommen werden, läuft die Produktion in den bestehenden weiter. Deshalb verbraucht V-ZUG trotz der effizienteren neuen Anlagen momentan noch mehr Energie. «Wir haben beispielsweise bei der Emailanlage einen Doppelbetrieb», sagt Marcel Niederberger, Leiter Nachhaltigkeit bei V-ZUG. Hinzu kommt, dass jene alte Gebäude, die V-ZUG für den reibungslosen Produktionsablauf noch nutzen muss, eine deutlich schlechtere Energiebilanz haben als die entstehenden Neubauten. Immerhin wird die neue Energieversorgung das betriebliche Wachstum vom ökologischen Fussabdruck unabhängig machen. So soll der Energieverbrauch bis 2033 wachstumsbedingt um 60 Prozent steigen, der ökologische Fussabdruck sich aber um 27 Prozent verringern.


Vorläufig muss V-ZUG auch noch auf Erdgas zurückgreifen. Künftig soll dieses jedoch durch Wasserstoff ersetzt werden. Dazu hat das Unternehmen ein Pilotprojekt mit der Empa gestartet: Es will auf seinem Gelände eine Methanpyrolyseanlage installieren. Den Wasserstoff will V-ZUG für die Industrieprozesse nutzen. Allenfalls könnte er aber auch für die Fahrzeugflotte eingesetzt werden. Zurzeit setzt V-ZUG beim Ersatz von Fahrzeugen auf rein elektrische Alternativen. Insgesamt sollten die CO2-Emissionen der V-ZUG (Scope 1 und 2) im Vergleich zu 2020 bis 2030 um 80 Prozent sinken. Den grössten Hebel sehen die Verantwortlichen jedoch bei den Geräten und deren Betrieb. Hier könne mit der Langlebigkeit und Reparierbarkeit der Materialien schon viel erreicht werden, heisst es. Auch die Energieeffizienz der Geräte soll laut V-ZUG weiterhin verbessert werden. Zudem soll der Umweltfussabdruck kontinuierlich sinken. Und dies auch mit Hilfe der Gerätenutzerinnen und -nutzer, etwa beim Entscheid, welche Programme gestartet werden oder wie die Restwärme beim Backofen genutzt wird.

Niederberger: «Professionelle Unterstützung von der EnAW»

Aber auch bei den noch bestehenden Gebäuden wurde immer wieder in die Energieeffizienz investiert. Zum Beispiel wurde ein Teil der Leuchtmittel auf LED umgestellt oder die Raumtemperatur, etwa im Serverraum, angepasst. Zudem nutzen sie die Abwärme der Druckluftzentrale. Massnahmen, die V-ZUG mit Unterstützung der Energie-Agentur der Wirtschaft umgesetzt hat. «Wir haben von der EnAW professionelle Unterstützung bekommen», sagt Niederberger.


In den letzten wie auch noch in den kommen Jahren investiert V-ZUG jährlich ca. 50 Millionen Franken in die Transformation, insbesondere in Produktionsanlagen und Bauten. Bis die Transformation und somit Investition in «Swiss Made» im Jahr 2026/2027 vorerst abgeschlossen ist, dürften die Investitionen mehrere hundert Millionen Franken betragen.

Weitere Infos

Industriebetriebe brauchen zur Umsetzung ihrer Dekarbonisierungsstrategien Innovationen im Bereich Prozesswärme. Das 2016 gegründete ETH-Start-up Synhelion arbeitet am Upscaling eines Verfahrens, das Solarenergie unter anderem für Hochtemperaturprozesse nutzbar macht. 

Industrielle Prozesswärme wird heute vorwiegend mit der Verbrennung von Öl, Gas oder Kohle bereitgestellt. Unternehmen mit einer Roadmap zur Dekarbonisierung suchen nach einem Ersatz für die fossilen Energieträger. Wie dieser aussehen kann, hängt unter anderem vom Temperaturbereich ab. Prozesse tiefer und mittlerer Temperatur können zum Beispiel mit einer direkten Nutzung von Solarwärme oder dem Einsatz von Wärmepumpen erneuerbar gemeistert werden. Die Bereitstellung hoher Temperaturen von mehr als 160 Grad ist aber auch unter Beizug von Wärmepumpen bisher nicht möglich. 

Temperaturen bis 1500 Grad 

Ein neuer Ansatz entstand vor zehn Jahren an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich und wird unterdessen vom Start-up Synhelion kommerzialisiert. Die Innovation ist eine Weiterentwicklung von Solarwärmekraftwerken, bei denen das Sonnenlicht durch ein Spiegelfeld auf einen Punkt gebündelt wird, womit sehr hohe Temperaturen erreicht werden. Im Fall von Synhelion wird der zentrale Receiver bzw. das darin zirkulierende Wärmeträgermedium – ein Gasgemisch aus Kohlendioxid und Wasser – auf 1500 Grad erhitzt.  

Die Hochtemperaturwärme kann direkt als Prozesswärme eingesetzt werden – oder sie wird in einem mehrstufigen Prozess zur Herstellung von synthetischen Treibstoffen herangezogen: Im ersten Prozessschritt wird hierbei in einem thermochemischen Reaktor aus Wasser, Kohlendioxid und fallweise Biomethan sogenanntes Synthesegas hergestellt. Aus dem Gas wird im zweiten Schritt unter Verwendung des Fischer-Tropsch-Verfahrens flüssiges Rohöl produziert. Aus diesem lassen sich – Schritt 3 – synthetische Treibstoffe wie Kerosin, Benzin und Diesel gewinnen.  

Nachhaltige Mobilitätslösungen

«Unsere Technologie zielt in erster Linie auf die Herstellung von nachhaltigen Solartreibstoffen für Verkehrssektoren ab, bei denen eine Elektrifizierung nicht möglich ist, wie beispielsweise im Flugsektor», sagt Mitgründer und Co-CEO Gianluca Ambrosetti. Gegenwärtig entsteht in Jülich (Deutschland) unter dem Namen DAWN eine industrielle Produktionsanlage. Mit einer Spiegelfläche von 1500 m2 wird sie jährlich einige Tausend Liter Solartreibstoff zu Demonstrationszwecken herstellen. 2025 soll dann in Spanien die erste kommerzielle Anlage mit einer Jahresproduktion von 1.25 Millionen Litern in Betrieb gehen. Bis 2030 strebt Synhelion eine Produktionskapazität von 875 Millionen Litern an. Mit der Treibstoffmenge liesse sich die Hälfte des Schweizer Kerosinbedarfs decken. 

Industrieunternehmen mit Bedarf an Hochtemperatur-Prozesswärme könnte die innovative Technologie ebenfalls erstmals eine solare Alternative bieten: Der patentierte Solar-Receiver macht in Kombination mit thermischen Wärmespeichern solare Prozesswärme im Bereich von 1000 bis 1500 Grad rund um die Uhr verfügbar. Die Integration der Technologie in bestehende Anlagentechnologie ist allerdings mit erheblichen Hürden verbunden. Für eine wirtschaftliche Nutzung ist zudem ein sehr sonnenreicher Standort mit hinreichend Platz erforderlich. Die Nutzung von solarer Hochtemperatur-Prozesswärme dürfte somit auf spezielle Anwendungsfälle beschränkt bleiben. 

Solarzement ist machbar

Um das Potenzial einer direkten Nutzung von Solarwärme zu evaluieren, hat Synhelion mit dem global tätigen mexikanischen Zementhersteller CEMEX zusammengespannt. Die Zementherstellung ist für rund acht Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Die Branche kann somit einen wirksamen Beitrag zu Erreichung der weltweiten Klimaziele leisten. Eine 2020 abgeschlossene Studie der beiden Unternehmen hat gezeigt, dass die Dekarbonisierung der Zementherstellung mittels Solarwärme grundsätzlich möglich ist.  

2022 wurde auf einer Anlage bei Madrid die Herstellung von ‘Solarzement’ in einem Batch-Prozess demonstriert. Im nächsten Schritt soll das Verfahren auf einer Pilotanlage in einem Zementwerk als kontinuierlicher Prozess umgesetzt werden. Das ETH-Start-up und CEMEX haben das ehrgeizige Ziel, bis Ende des Jahrzehnts mit einer kommerziellen Anlage am Markt zu sein. Neuanlagen werden gemäss aktuellen Schätzungen mit fossil beheizten Anlagen zur Zementherstellung konkurrenzfähig sein. Mittelfristig könnte die Technologie für solarthermisch betriebene Zementwerke mittels Lizenzvereinbarungen ein branchenweite Prozessinnovation anstossen. 

Vision einer CO2-neutralen Zementherstellung

Der Schlüsselprozess bei der Zementherstellung ist die Verarbeitung von Kalkstein und weiteren Ausgangsstoffen zu Klinker, jenem Stoff, der in Zement als Bindemittel dient. Der hierzu notwendige Brennprozess erfolgt bisher in fossil beheizten Drehrohröfen bei 1400 Grad. Die Wärme aus dem Sonnenheizwerk von Synhelion hat somit die erforderliche Temperatur. Die Integration der Solarwärme in den angestammten Prozess der Zementherstellung sei anspruchsvoll, aber lohnend, betont Gianluca Ambrosetti: «Unsere Technologie hat das Potenzial, den CO2-Fussabdruck der Zementproduktion drastisch zu reduzieren.» 

Für Zementhersteller ist das ein vielversprechender Ansatz. Die fossile Beheizung der Drehrohröfen ist nämlich nur für rund einen Drittel der Treibhausgasemissionen der Zementproduktion verantwortlich. Die restlichen Emissionen entstehen nicht verbrennungsbedingt, sondern entweichen im Brennprozess aufgrund chemischer Reaktionen aus dem Kalkstein. Mit dem innovativen Verfahren lassen sich diese zusätzlichen CO2-Emissionen relativ einfach einfangen, und das zurückgewonnene CO2 kann einer neuen Verwendung zugeführt werden. Als Fernziel schwebt dem Zürcher Jungunternehmen vor, das CO2 für die Herstellung des synthetischen Treibstoffs zu nutzen.  

Getragen von strategischen Investoren

Synhelion beschäftigt 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In mehreren Finanzierungsrunden hat das Start-up 60 Millionen Franken eingeworben. Unter den Geldgebern sind unter anderem Investoren, die die Technologie zur Dekarbonisierung ihrer Geschäftstätigkeit nutzen wollen: die Lufthansa-Gruppe mit der Schweizer Tochter SWISS, die Autohändlerin AMAG Group, der Stahlkonzern SMS Group und CEMEX. 

WEITERE INFORMATIONEN

Zum Jahresende werden die beiden Co-Geschäftsführer, Erich A. Kalbermatter und Thomas Weisskopf, ihren wohlverdienten Ruhestand antreten. Frank Ruepp wird neuer Geschäftsführer und Benjamin Marti Mitglied der Geschäftsleitung.

Frank R. Ruepp ist als Verwaltungsrat und Berater tätig. Er studierte Ökonomie an der Universität Zürich, war CEO verschiedener international tätiger Industrieunternehmen und als Präsident der IGEB (Interessengemeinschaft Energieintensive Branchen) bis Juni 2023 auch im EnAW-Vorstand vertreten. «Die Herausforderung anzugehen, heute die Weichen für morgen zu stellen, den langfristigen Blick zu haben, das bringe ich ein», sagt er im Interview. Er wird ab Januar 2024 auch die Bereichsleiterfunktionen von Erich A. Kalbermatter übernehmen.

Benjamin Marti wird die Bereichsleitung von Thomas Weisskopf übernehmen und ist neu auch Mitglied der Geschäftsleitung. Auch Benjamin Marti bringt sein ausgewiesenes Fachwissen und Engagement bereits seit vielen Jahren bei der EnAW ein.