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Digitalisierung ist seit einiger Zeit ein bestimmender Trend, auch im Energiesektor. Doch was genau ist darunter zu verstehen? Wie kann die Digitalisierung dazu beitragen, die grossen Herausforderungen im Energiesektor, also den Ausbau und die Integration der erneuerbaren Energien, und damit die Dekarbonisierung sowie die Erhöhung der Energieeffizienz anzugehen?

CYBER SECURITY & RESILIENZ

Das Digital Innovation Office BFE hat zur Beantwortung der ersten Frage ein konzeptionelles Modell für die Energiewirtschaft entwickelt, das Digitalisierung in verschiedene Bereiche strukturiert und auch auf einzelne Unternehmen angewendet werden kann.

Modellhaft betrachtet setzt sich Digitalisierung zunächst zusammen aus einer physischen Messinfrastruktur, also Sensoren, die Energieverbrauch, -produktion und -flüsse messen sowie digitale Daten – den Rohstoff der Digitalisierung – liefern. Ein Beispiel sind die intelligenten Messsysteme (Smart Meters) der Netzbetreiber. Doch die reine Aufnahme der Daten führt noch zu keinem Mehrwert. Diese Daten müssen nutzbar gemacht und über eine Dateninfrastruktur ausgelesen, analysiert und schliesslich zugänglich gemacht werden. Erst dann entwickeln sie einen Mehrwert, zum Beispiel indem sie Transparenz und Innovation ermöglichen. Basierend darauf können neue Applikationen und Lösungen entwickelt werden.

Über diese «Wertschöpfungskette» der Digitalisierung ist Cyber Security zu gewährleisten, das heisst, man muss sich Gedanken machen, wie kritisch gewisse Prozesse sind, wie die Systeme geschützt werden, welche Gegenmassnahmen bei einem Angriff zu tragen kommen sollen und wie eine Recovery aussehen könnte. Das Bundesamt für Wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) hat hierzu einen hilfreichen und freiwilligen IKT-Minimalstandard definiert, der auch in der Stromversorgung zur Anwendung kommt. Cyber Security dient auch dem Datenschutz. Die durch Smart Meter oder durch andere Sensoren erhobenen Daten gehören nämlich grundsätzlich der Anlagebesitzerin oder dem Anlagebetreiber. Ausschliesslich sie können darüber entscheiden, wer die Daten nutzen darf. Gewisse Daten müssen aber Dritten, wie zum Beispiel Stromlieferanten oder Netzbetreibern zugänglich gemacht werden, denn nur so kann beispielsweise der Strom abgerechnet werden.

Transparenz mit Daten

Daten richtig zu verwerten ist der Schlüssel zur Dekarbonisierung und Nutzung der erneuerbaren Energien sowie zur Erhöhung der Energieeffizienz. Dienstleisterkönnen heute auf Basis von Messdaten zum Verbrauch, unter anderem aus Smart Meters, automatisiert mit Machine Learning ungewöhnliche Verbrauchsmuster erkennen und kundenspezifische Vorschläge machen, wie Energie eingespart werden kann, zum Beispiel durch anderes Nutzungsverhalten oder Ersatz von Geräten. So wird mit Daten Transparenz geschaffen zu Prozessen und dieser Erkenntnisgewinn für spezifische Massnahmen genutzt.

Ein gutes Beispiel aus der Praxis ist das Monitoring-Modul für Minergiebauten. Hier wird anhand von Messdaten ausgewertet, ob sich das Gebäude energieverbrauchstechnisch auch so verhält, wie es ursprünglich geplant wurde – also ein typisches Beispiel für SmartHome-Systeme oder eben dafür, wie die Digitalisierung zu Optimierungen in der Industrie beitragen kann.

Solch ein Potenzial können Unternehmen für sich erheben – vorausgesetzt, sie haben die relevanten Daten. Dazu muss aber unter anderem die Konnektivität im Gebäude erhöht werden, also die digitale Vernetzung von Betriebsmitteln wie Wärmepumpen, Elektromobile, Lüftung, Kühlung, dezentrale Batterien und erneuerbare Energien.

Die Konnektivität im Gebäude zu erhöhen ist nicht trivial. Wichtige technische Fragen sind, wie Interoperabilität der vielen verschiedenen Systeme im Haus – also die Vernetzung – erreicht werden kann oder wie man dann Cyber Security sicherstellt. Nicht zuletzt stellen sich bei den Betreibern der digitalen Gebäude auch Fragen zum Umgang mit den erhobenen Daten – also dem Datenschutz. Solche technischen Herausforderungen sind eine Barriere der Digitalisierung. Aber auch die Anreizlage, sich diesen Herausforderungen zu stellen und die nötigen Investitionen zu prüfen, ist nicht optimal. Das Digital Innovation Office BFE unterstützt über das Programm EnergieSchweiz ein Projekt, das sich mit diesen Fragen vertieft auseinandersetzt und Hilfestellungen leisten soll. Solche digitalen Innovationen im Gebäude- und Prozessbereich können wesentlich zur Energieeffizienz beitragen – das hat auch die Europäische Kommission erkannt und einen Indikator für intelligente Gebäude, welche eine hohe Konnektivität aufweisen, regulativ in den Mitgliedstaaten der EU eingeführt.

Innovationsprojekt

Inwiefern Daten Transparenz schaffen und Massnahmen auslösen können, zeigen aktuelle Innovationsprojekte des Digital Innovation Office BFE. Zusammen mit externen Dienstleistern wurden öffentlich zugängliche Daten verwendet, um Transparenz hinsichtlich der Energietransformation in den über 2000 Gemeinden der Schweiz zu veranschaulichen. Schauen Sie selbst nach, wie es um die Nutzung des PV-Potenzials, der Elektromobilität und bei erneuerbaren Heizungen steht: www.energiereporter.ch. Oder interessieren Sie sich für den CO2-Ausstoss des Schweizer Stromverbrauchs in Echtzeit? Dann schauen Sie doch auf www.electricitymap.org nach.

Weitere Informationen

Die Uhrenmarke glänzt mit einem halbierten Energieverbrauch der Manufaktur in La Chaux-de-Fonds (NE), den sie unter anderem einem cleveren «Switch off» zu verdanken hat. Kürzlich hat sie ausserdem an ihrem Sitz in Grenchen (SO) eine Nachhaltigkeitsabteilung eingerichtet.

Fernand Moullet, Leiter Energie und Technik

Fernand Moullet, Leiter Energie und Technik der Breitling-Manufaktur in La Chaux-de-Fonds, wird 2022 mit einem guten Gefühl in Rente gehen. Denn die Wirkung der Energiemassnahmen, die er hier von 2013 bis 2018 in enger Zusammenarbeit mit dem damaligen Finanzchef Yann Chappate eingeführt hat, hält an. Und die Ergebnisse lassen sich sehen: Der jährliche Verbrauch wurde von 36 300 000 auf 1 700 000 Kilowattstunden reduziert, was einer Einsparung von 25 Prozent beim Strom und 75 Prozent beim Gasverbrauch entspricht.

Überflüssiges Aufspüren

Waren dazu grosse Investitionen nötig? Nein, es brauchte vor allem gesunden Menschenverstand. Im Untergeschoss der Manufaktur sorgen fünf grosse Ventilationsblöcke für optimale Arbeitsbedingungen, indem sie die Temperatur in den Werkstätten bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 50 Prozent konstant auf 23 Grad halten. Anfangs ging man davon aus, dass es dazu eine konstante Lüftung brauche. Fernand Moullet zeigte sich unbeeindruckt und experimentierte mit nächtlichen Unterbrechungen. «Ich stellte fest, dass die ausgezeichnete Isolierung der Anlage während der Betriebszeiten die perfekte Temperatur und Luftfeuchtigkeit gewährleistete, auch wenn die Lüftung zwischen 18 und 6 Uhr ausgeschaltet war. Später konnten der Gasverbrauch und damit der CO2-Ausstoss weiter reduziert werden, indem wir den Lüftungskreislauf schlossen und dadurch mehr beheizte Umluft einsetzten.

Die gleiche Logik wandte Fernand Moullet in der Manufaktur auf die Druckluftanlage an und senkte deren Druck von elf auf sechs Bar. «Für die meisten Tätigkeiten reicht dies völlig aus, und für punktuelle Aufgaben wird ein Nachverdichter eingesetzt. Ein Bar weniger entspricht einer Einsparung von zehn Prozent.»

Ein gut geöltes Räderwerk

Der Kälte- und Wärmebedarf, der zu jeder mechanischen Werkstätte gehört, wurde der gleichen, uhrmacherisch akribischen Optimierung unterzogen. Und die Arbeit geht Schritt für Schritt weiter: Jüngst wurde der Fokus auf die Rückgewinnung der Warmluft auf den Montagelinien gesetzt. Sie dient im Winter zum Heizen und im Sommer zur Entfeuchtung, in der Uhrmacherei eine absolute Notwendigkeit.

Auch die LED-Lampen erobern allmählich die ganze Manufaktur: Der geringe Energieverbrauch ist natürlich ein Vorteil. Sie geben aber auch weniger Wärme ab als andere Lichtquellen, so dass die konstante Temperatur in den Werkstätten mit einer schwächeren Klimatisierung und einem geringerem Energieverbrauch sichergestellt ist. Die Lampen und Leuchtstoffröhren, die durch LED ersetzt werden, kommen bis zum Ende ihrer Nutzungsdauer in weniger benutzten Räumen zum Einsatz. «Diese Lösung berücksichtigt die graue Energie», erklärt Fernand Moullet, denn «die kleinen Bäche machen schliesslich die grossen Ströme». Amüsanterweise hat er auch schon das Gegenteil dieses Sprichworts bewiesen, indem er die IT-Server der Manufaktur an die Wasserkühlvorrichtung anschloss und dadurch gigantische Wassermengen einsparen konnte.

Seit Breitling 2020 am Firmensitz in Grenchen (SO) eine Abteilung für Nachhaltigkeit und Dekarbonisierung eingerichtet hat, freut sich Fernand Moullet, dass sein Projekt einer Photovoltaikanlage Gestalt annimmt – ein krönender Abschluss seiner Arbeit. Nach der Pensionierung plant der begeisterte Fahrradfahrer bereits neue Umweltprojekte, so auch als Recycling-Fahrer, um Abfälle am Strassenrand zu sammeln.

Die Marke Breitling wurde 1884 in St-Imier (BE) gegründet und verlegte ihren Sitz 1892 nach La Chaux-de-Fonds (NE). Schon früh machte sie sich einen Namen als Präzisionsunternehmen für Wissenschaft, Industrie und Sport sowie später auch für die Luftfahrt. Breitling ist eine der einzigen Marken, die all ihre Modelle mit Chronometer-zertifizierten Werken bestückt, die komplett in La Chaux-de-Fonds entworfen und hergestellt werden. Die Manufaktur wurde 2007 erweitert und beschäftigt 200 Mitarbeitende, davon 150 Uhrmacher und Uhrenarbeiter, die eine Jahresproduktion von 100 000 Uhren sicherstellen.

WEITERE INFORMATIONEN

Die Energie-Agentur der Wirtschaft zieht das Beschwerdeverfahren gegen die Vergabe des IT-Tools trotz teils unbefriedigender Sachlage nicht weiter.

Die klimapolitischen Aufgaben der Wirtschaft sind gross. Eine Verzögerung der IT-Entwicklung hätte möglicherweise grössere negative Auswirkungen sowohl für das Zielvereinbarungssystem wie auch auf die geplanten Umsysteme für zusätzliche Angebote der EnAW (z.B. Roadmap zur Dekarbonisierung, etc.) und damit für die gesamte Wirtschaft. Die EnAW konzentriert sich darauf, mit voller Kraft und als zuverlässiger Partner für Wirtschaft und Politik die Umsetzung der Umweltwirkung der Unternehmen wirtschaftlich zur Spitze zu treiben.

Die EnAW hatte sich an der Ausschreibung des Bundes «Los 2 IT-Tool» für den Vollzug der Zielvereinbarungen post 2020 beteiligt. Konkret geht es um die Entwicklung einer webbasierten Plattform für die Erarbeitung, Umsetzung und Überwachung der Zielvereinbarungen zur Senkung der CO2-Emissionen in Unternehmen im CO2-Gesetz.

Vom Klimawandel, neuen Technologien und Lösungsansätzen: Ein Gespräch mit dem Ingenieur und ETH-Professor Lino Guzzella.

Herr Guzzella, der Klimawandel ist eines der komplexesten globalen Probleme, das wir lösen sollten. Welche Konzepte sind Erfolg versprechend?

Auf Ihre Frage gibt es leider keine einfache Antwort. Eine Vielzahl von Handlungen und Veränderungen werden nötig sein, um den Ausstoss von Treibhausgasen spürbar zu reduzieren. Zudem wird sich die Menschheit auch an den Klimawandel anpassen müssen. Wenn es aber ein Leitprinzip gibt, so ist das meiner Meinung nach das Streben nach dem wirtschaftlichen Optimum, denn nur ökonomisch sinnvolle Ansätze werden einen spürbaren Effekt auf das Klima haben.

Sie bezeichneten in den Medien die Erforschung und Entwicklung von klimaschonenden Systemen und Prozessen als den grössten Hebel gegen den Klimawandel. Wie kann Innovation in diesen Bereichen gefördert werden, sodass es rascher vorangeht?

Am Anfang jedes Fortschritts steht die von der Neugier der Menschen getriebene Grundlagenforschung. Diese ist auch hier wichtig, allerdings sind deren Zeitskalen eher ungeeignet, um rasche Lösungen zu finden. Daher sind angewandte Projekte, die das bereits vorhandene Grundlagenwissen nutzen, wichtiger für die Klimafrage. Das Skalieren einer Laboridee zu einem Pilotprojekt und schliesslich zu einer Grossanlage ist eine spannende Ingenieuraufgabe. Hier gibt es zwar Förderinstrumente, aber diese könnten ausgebaut werden. Zentral dabei ist, dass der Ausstoss an Treibhausgasen einen Preis bekommt und dass ein Teil dieser Mittel für die Entwicklung klimaschonender Anlagen eingesetzt wird. Zudem müssen auch die Rahmenbedingungen wie Bewilligungsverfahren, Auflagen, Steuergesetze usw. stimmen.

Die Aufgabe ist gewaltig, aber die Menschheit hat die Fähigkeiten, diese Probleme anzugehen.

Lino Guzzella, Ingenieur und ordentlicher Professor für Thermotronik an der ETH Zürich

Die Schweiz hätte alle Ressourcen, um eine Vorreiterrolle einzunehmen. Warum sind wir bei den neuen Technologien, die den Einsatz fossiler Brennstoffe überflüssig machen, nicht weiter?

Meiner Meinung nach war und ist die Schweiz eine Vorreiterin und ein Kreativitätshort in Sachen umweltschonender Systeme. Das war bereits in den frühen Phasen der Industrialisierung der Fall, wo Schweizer Ingenieure und Unternehmer grosse Beiträge leisteten. Und das ist auch heute noch der Fall. Wenn ich zwei konkrete Beispiele von Spinoffs der ETH nennen darf, dann wären das Climeworks mit deren «direct air capture»-Technologie und die Synhelion mit deren Technologie zur Herstellung von CO2-neutralen Treibstoffen, basierend auf Solarwärme bei sehr hoher Temperatur.

Sehen Sie Bereiche, in denen die klimawandelrelevante Forschung in der Schweiz vernachlässigt worden ist? Was wäre dagegen zu tun?

Man kann nie zu viel Forschen und Entwickeln. In diesem Sinne plädiere ich dafür, dass sich von der ETH bis hin zur Berufsschule Menschen dieser faszinierenden Thematik widmen. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann würde ich Mittel in Lösungsansätze investieren, die es erlauben, grosse Mengen an Energie – mehrere Terawattstunden – über längere Zeit – mehrere Monate bis Jahre – zu speichern. Besonders der Ausbau der Fotovoltaik wird bei uns dazu führen, dass im Sommer zu viel und im Winter zu wenig elektrische Energie vorhanden ist. Dies auszugleichen und eine stabile Grundlastversorgung sicherzustellen, ist wohl die wichtigste offene Frage in diesem Zusammenhang.

Neue Technologien müssen den Weg in die Wirtschaft finden, damit sie ihre Wirkung entfalten. Wie weit ist der Weg von Ihrer Forschung in die Praxis? Und wie steht es um die Forschungszusammenarbeit mit der Industrie?

Auch hierzu habe ich einen recht positiven Eindruck. Die Hochschulen haben sich in den letzten 20 Jahren stark gegenüber der Industrie geöffnet; mit den Fachhochschulen wurden ausgezeichnete Strukturen genau an dieser Schnittstelle geschaffen und auch der Bund hat massive Mittel investiert – denken Sie an die Spezialprogramme des Nationalfonds und vor allem an die Innosuisse. Wichtig wird es in Zukunft sein, auch die Start-up-Szene verstärkt für Umweltthemen zu gewinnen. Das ist nicht ganz einfach, weil die in diesem Bereich nötigen Investitionen in der Regel sehr viel grösser sind als beispielsweise bei einem digitalen Produkt.

Die EnAW arbeitet konkret mit den Unternehmen an der Dekarbonisierung industrieller Prozesse. Wäre es sinnvoll, Ihre Forschung mit Know-how der EnAW zu verbinden?

Ich hoffe sehr, dass bereits jetzt ein Austausch zwischen der EnAW, der Industrie und der Akademie stattfindet. Wenn das noch nicht genügend der Fall ist, dann wäre dies ein sinnvolles Anliegen, das es zu fördern gilt.

Wird die Schweiz das Netto-Null-Ziel bis 2050 erreichen?

Die Frage ist wichtig, aber noch wichtiger ist die Frage, ob die Welt dieses Ziel erreichen wird. Die Klimaveränderung ist ein globales Problem und nur wenn die gesamten 55 Gigatonnen an Treibhausgasen, die pro Jahr ausgestossen werden, reduziert werden, können wir die negativen Folgen des Klimawandels mildern. Dabei gilt es, wohlüberlegt und sowohl technisch als auch ökonomisch bestmöglich vorzugehen. Die Aufgabe ist gewaltig, aber die Menschheit hat die Fähigkeiten, diese Probleme anzugehen.


Lino Guzzella ist Ingenieur und ordentlicher Professor für Thermotronik an der ETH Zürich. Der ehemalige Rektor und Präsident der ETH Zürich konzentriert sich in seiner Forschung auf neue Ansätze in der Systemdynamik und in der Regelung von Energiewandlungssystemen.

WEITERE INFORMATIONEN

Im Gespräch mit Max Zürcher, Geschäftsführer der EnAW bis 2009, über die Anfänge einer erfolgreichen Public-Private-Partnership für den Klimaschutz.

Herr Zürcher, Sie haben die EnAW quasi erschaffen und zehn Jahre geführt. Heute ist sie im energie- und klimapolitischen Bereich eine der erfolgreichsten Partnerschaften zwischen Wirtschaft und Staat und mittlerweile 20 Jahre alt. Zeit, auf die Anfänge zurückzublicken. Woran erinnern Sie sich spontan?

Es war eine interessante, auch beglückende Zeit. Insbesondere, weil wir Neuland begehen mussten und durften. Die Zeit war aber auch, wie immer im Zwischenfeld von Wirtschaft und Politik, etwas aufreibend.

Wissen Sie noch, wie Ihr erster Arbeitstag ausgesehen hat?

Das war Mitte 1999. Genauer gesagt am 1. Juli, ein heisser Sommertag. Ich sass allein in einer Dachkammer an der Zürcher Hegibachstrasse, bestückt nur mit einem Arbeitstisch, einem Telefon und einem PC.

Das hört sich abenteuerlich an…

Ja, ausser dem Auftrag lag fast alles noch im Nebel. Der lautete schlicht: Leitung der zu gründenden Energie-Agentur der Wirtschaft. Die Aufgabe der EnAW sollte es sein, dem Kooperations- und Subsidiaritätsprinzip folgend, das Energie- und das CO2-Gesetz in der Wirtschaft umzusetzen.

Wie gingen Sie diesen Auftrag an?

Ich habe die wesentlichen Branchenorganisationen der Wirtschaft kontaktiert, um deren Anliegen und Ansichten zu erfahren. Es gelang, fast alle ins Boot zu holen. Gemeinsam waren Arbeitskonzepte zu erstellen, die Erwartungen der zuständigen Bundesämter zu erkunden und vieles mehr. Am 25. November 1999 haben wir die EnAW mit den Trägerorganisationen dann aus der Taufe gehoben. 2001 starteten wir mit der operativen Tätigkeit.

Welche Vorstellungen waren in der Gründungsphase mit der Bezeichnung «Energie-Agentur» verbunden?

Eine Organisation der Wirtschaft, die hilft, die energiepolitischen Hausaufgaben der Wirtschaft in eigener Regie zu lösen – durch die Steigerung der Energieeffizienz, auf freiwilliger Basis und im Rahmen des üblichen unternehmerischen Investitionsprozesses. Das Konzept fand auch in Bern Anklang und damit Eingang ins neue CO2-Gesetz.

Die Gründung der EnAW wurde als Startschuss für eine neue Phase der Zusammenarbeit von Wirtschaft und Staat im Bereich der Energiepolitik bezeichnet. Ist das so?

Ich glaube, das ist gelungen – zu meiner Zeit auch dank der damaligen sachlichen und politischen Gegebenheiten sowie der am Entwicklungsprozess beteiligten Handlungsträger. Damals war eine gewisse Aufbruchstimmung zu spüren.

Welche Herausforderungen waren in den ersten Jahren zu meistern?

Zentral war es, eine generelle Leistungsvereinbarung mit dem Bund auszuhandeln. Das genügte jedoch nicht. Wir wollten eine Eigendynamik ins System bringen. Es war wohl Zufall, dass etwa gleichzeitig das neu geschaffene CO2-Gesetz ohne Referendum in Kraft trat: Es ermöglichte die Einführung einer CO2-Abgabe. Das Kunststück bestand darin, die Elemente entsprechend zusammenzubringen. Die Grundidee war: Wer CO2-Emissionen reduziert, sollte nicht noch durch eine CO2-Lenkungsabgabe bestraft werden – den Lenkungseffekt hat er ja vorweg umgesetzt. Eine solche Abgabenbefreiung kreierte einen finanziellen Anreiz. Und: CO2-Reduktion bedeutete immer auch die Analyse aller Energieflüsse und damit den angestrebten Energiespareffekt gemäss Energiegesetz.

«Wir wollten eine Eigendynamik ins System der CO2-Reduktion bringen.»

Max Zürcher, ehemaliger Geschäftsführer der EnAW

Das Kunststück scheint gelungen.

Ja, da war in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft und dem Bund Neuland zu gestalten. Bald war klar: Es mussten möglichst viele Unternehmen oder Produktionsstätten in einen Zielsetzungsprozess – von unten her – eingebunden werden. Jeder sollte entsprechend seinen Möglichkeiten zur CO2-Reduktion beitragen. Der EnAW oblag die Gestaltung dieses Zielsetzungsprozesses. Dem Staat die Beurteilung und rechtliche Fixierung der entwickelten Ziele, die Prüfung der Zielerreichung aufgrund des EnAW-Monitoring-Systems und dann die Befreiung von der CO2-Lenkungsabgabe. Ende 2003 hatten gegen 1000 Unternehmen eine Zielvereinbarung, oder standen kurz vor deren Abschluss.

Wie konnte dem Vorwurf entgegengewirkt werden, dass «Von der Wirtschaft für die Wirtschaft» sogenannte «Schoggi-Ziele» definiert wurden?

Der Zielsetzungsprozess ist strukturell bedingt eine Knacknuss. Es galt gemeinsam einvernehmliche Regeln zu entwickeln, damit die Ziele hüben wie drüben als ausreichend ambitiös akzeptierbar sind. Überrissene Ziele hätten den Ausstieg der Unternehmen bedeutet, zu lasche die Glaubwürdigkeit des gesamten Vorhabens untergraben. Beides wäre fatal gewesen – für beide Seiten. Obrigkeitsstaatliches Verordnungsdenken einerseits, Unverständnis für die staatlichen Handlungspflichten anderseits mussten überwunden werden. Entscheidend für den Erfolg war, dass die Zusammenarbeit mit den Behörden und die Verhandlungen stets auf Augenhöhe erfolgten. Konsens war, umfassender Klimaschutz würde wohl nur mit einem marktwirtschaftlich-anreizorientierten Vorgehen ausreichend erfolgreich sein.

Was ist besonders an der Rolle der EnAW?

Energiedaten von Unternehmen sind sensible Informationen, weil sie auch Produktionsgeheimnisse bergen, welche die Konkurrenzfähigkeit im Markt mitbegründen. Solche Daten will grundsätzlich niemand im Detail weitergeben. Hier setzt das Konzept der EnAW an, eine Organisation von der Wirtschaft für die Wirtschaft zu sein. Die EnAW hat, strukturell bedingt, eine Intermediärposition, die aufseiten der Wirtschaft und der Behörden von ganz oben gewollt war. So konnte und kann eine erfolgreiche Public-Private-Partnership für den Klimaschutz in der Schweiz wachsen.

Was wünschen Sie der EnAW für die Zukunft?

Primär Partner, die die strukturellen Voraussetzungen der EnAW verstehen. Mithin Eigendynamik, um gerade noch rechtzeitig die Folgen des Klimawandels in den Griff zu bekommen.

WEITERE INFORMATIONEN

20 Jahre EnAW – Glückwünsche aus der ganzen Schweiz

Armin Eberle
Leiter Institut für Nachhaltige Entwicklung, ZHAW, Geschäftsführer der EnAW von 2009 bis 2018

Seit 20 Jahren setzt die EnAW Energieeffizienz und Klimaschutz erfolgreich in der Schweizer Wirtschaft um und wird international kopiert. Verhaltensökonomen erklären, weshalb Zielvereinbarungen, Massnahmenberatung und Anreize wirken und die Zahlen bestätigen es. Ich bin glücklich, Teil dieses Modells gewesen zu sein und wünsche der EnAW auch in Zukunft viel Erfolg.


Andreas Mörikofer
ehem. Bereichsleiter Industrie und Dienstleistungen Bundesamt für Energie

Wer hätte im April 2001 bei der Unterzeichnung der Leistungsvereinbarung zwischen der EnAW und dem UVEK daran gedacht, dass das innert wenigen Monaten modellierte Zielvereinbarungssystem 20 Jahre später einen festen Platz in der schweizerischen Energie- und Klimapolitik hätte und heute über 4000 Unternehmen einbindet! Ich freue mich am Erfolg und bin stolz, dass ich die ersten Jahre der bis heute erfolgreichen Public-Private-Partnership mitgestalten durfte.


Hansruedi Kunz
ehem. Leiter Abteilung Energie im kantonalen Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL), Kanton Zürich

Ende der 80er-Jahre haben sich die grössten Zürcher Stromverbraucher Energieeffizienzziele gesetzt – und eingehalten. Auslöser war die Angst vor einem drohenden Stromversorgungsengpass. Das Energie-Modell Zürich fand Beachtung, seit 1995 können Grossverbraucher mit dem Kanton Ziele vereinbaren und bei Einhaltung von Detailvorschriften befreit werden. Diese Idee hat sich dann dank der EnAW zu einem schweizweiten Erfolgsmodell entwickelt. Weiter so.


Mario Cavigelli
Regierungspräsident, Vorsteher Departement für Infrastruktur, Energie und Mobilität Kanton Graubünden DIEM

Liebe EnAW, ich wünsche dir für deine Zukunft weiterhin viel Erfolg, den du bis heute auch bereits hattest. Dank dir arbeiten heute in Graubünden viele Grossverbraucher wie Hotels und sogar eine Fleischtrocknerei energie- und kosteneffizient. Gerade in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten erweist sich dies als Vorteil. Ich freue mich auch für die Zukunft auf die vielen Projekte, in denen die EnAW ihre Kompetenz zum Wohle der Unternehmen einbringt. Weiter so!


Pascal Gentinetta
Managing Director, Head Public Policy Bank Julius Bär, Präsident der EnAW von 2007 bis 2013

Seit 20 Jahren leistet die EnAW echte Pionierarbeit im Klima- und Energiebereich. Nicht nur weil es klimaschonend ist, sondern auch weil es sich wirtschaftlich lohnt. Die eindrücklichen Ergebnisse bei den CO2-Einsparungen und der Stromeffizienz beweisen eines: Wenn die Wirtschaft will und die staatlichen Rahmenbedingungen stimmen, dann erreicht man beste Ergebnisse für Umwelt und Wohlstand. Lang lebe diese erfolgreiche Private-Public-Partnership!


Cédric Petitjean
Directeur général de l’Office cantonal de l’énergie (OCEN) de l’État de Genève

Je tiens à mettre en avant les excellentes relations de collaboration et de confiance que l’OCEN entretient avec l’AENEC depuis de nombreuses années, avec en particulier la mise en oeuvre d’un projet au service des entreprises comprenant la création d’un conteneur de données commun pour l’ensemble des grands consommateurs. Il est combiné avec l’informatisation du suivi des prestations et dossiers traités par l’OCEN. De cette manière, une entreprise pourra suivre l’avancement de l’ensemble de ses dossiers et mettre à jour ses données.


Jacqueline de Quattro
Conseillère nationale PLR, Cheffe du département du territoire et de l’environnement du canton de Vaud de 2007 à 2019

Après le non à la loi sur le CO2, la Suisse doit privilégier une politique d’incitations plutôt qu’une écologie punitive. C’est la stratégie que j’ai suivie durant mes treize années au Conseil d’État vaudois en tant que ministre de l’énergie. Je poursuis cette voie à Berne. Notre pays a besoin de solutions équilibrées qui renforcent notre économie. L’AEnEC contribue à donner les impulsions nécessaires pour relever les enjeux énergétiques de demain.


Laurent Favre
Président du Conseil d’État de Neuchâtel, Chef du Département du développement territorial et de l’environnement

Les outils de l’AEnEC, visionnaires à l’époque de ses débuts, permettent de rendre les mesures d’efficacité énergétique concrètes et attractives pour les entreprises. Convaincu très tôt, le canton de Neuchâtel, en tant que précurseur en Suisse romande, reconnait ce modèle depuis 15 ans pour satisfaire à sa législation sur les gros consommateurs d’énergie. Pour l’avenir, l’AEnEC continuera de jouer un rôle important dans l’effort de réduction des émissions de CO2 des entreprises suisses.


Philippe Gumy
Directeur adjoint de la Chambre de commerce et d’industrie du canton de Fribourg (CCIF)

En fêtant déjà deux décennies, l’AEnEC démontre que les entreprises savent anticiper et apporter des solutions, en s’engageant activement pour réduire leur empreinte carbone. Faisabilité et retours sur investissements dans un délai raisonnable servent de boussoles depuis 20 ans, avec la garantie d’opter pour les technologies les plus efficaces et les plus efficientes en matière de consommation d’énergie. Résultat : un succès incontestable !


Luca Albertoni
Direttore della Camera di commercio del Cantone Ticino, Presidente della Camera di commercio svizzera dal 2009 al 2021

Non è ovvio poter festeggiare un ventesimo anniversario. Il fatto che l’AEnEC sia riuscita a raggiungere questo traguardo mostra che un lavoro di consulenza competente e gli incentivi giusti permettono di gestire l’energia in modo efficiente. Ho potuto vivere in prima persona l’approccio adottato dall’AEnEC che ha permesso di creare soluzioni individuali su misura per le aziende. È il miglior modo possibile per garantire l’economicità delle aziende e al tempo stesso tener conto dell’interesse collettivo per le attività ecologicamente sostenibili.

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