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RICOTER Erdaufbereitung AG

Es grünt so grün in Schweizer Gärten und auf Balkonen – und nicht erst seit der Corona-Pandemie. Damit die liebevoll herangezogenen Tomaten, Himbeeren und Geranien auch schön gedeihen, ist eines besonders wichtig: die Wahl der richtigen Erde.

Nahrhafter Boden für Nachhaltigkeit

Es grünt so grün in Schweizer Gärten und auf Balkonen – und nicht erst seit der Corona-Pandemie. Damit die liebevoll herangezogenen Tomaten, Himbeeren und Geranien auch schön gedeihen, ist eines besonders wichtig: die Wahl der richtigen Erde. Ein wahrer Profi auf diesem Gebiet ist die RICOTER Erdaufbereitung AG. Seit 1981 produziert das Unternehmen in Aarberg und Frauenfeld über 70 Substrate für Profi- und Hobbygärtnerinnen und -gärtner. Natürlich nachhaltig.

Torf kommt hier nicht in die Tüte

Nachhaltigkeit ist bei RICOTER Programm. Das zeigt sich bereits im Namen: RICOTER kommt von Rinde, Compost (franz. für Kompost) und Terra (lat. für Erde). Diese drei Rohstoffe bilden die Hauptbestandteile der Produkte. Torf? Fehlanzeige! Dessen Abbau ist in der Schweiz seit 1987 verboten. RICOTER verzichtet seit Beginn auf die Verwendung von Torf, wo immer es möglich ist und schützt damit auch wertvolle Moorlandschaften, die natürliche CO2-Speicher und Lebensraum für artenreiche Flora und Fauna sind. Seit 2014 ist nun der gesamte Hobbybereich gänzlich torffrei und ab 2022 sogar cocosfrei!

Getreu dem Motto «verwerten statt entsorgen» spielen zudem Recycling und Lokalität eine grosse Rolle: Die Landerde kommt aus den Zuckerfabriken von Aarberg und Frauenfeld. Unter Landerde wird der Erdanhang der Rüben verstanden. Dieser wird abgewaschen und bei RICOTER weiterverwendet. Die Rinde ist ein Nebenprodukt der Schweizer Forstwirtschaft. Und auch Grüngutkompost aus Städten und Kommunen wird lokal bezogen und verwendet. «Wir wollen durch die Verwendung dieser Rohstoffe geschlossene Kreisläufe bilden», so Beat Sutter, Geschäftsführer von RICOTER.

Gleiches soll künftig auch für Verpackungen gelten: Behälter mit einem Füllgehalt von mehreren Kubikmetern, sogenannte Big Bags, können ab 2022 von Kunden zurückgegeben werden und werden im Anschluss von RICOTER rezykliert. Auch bei Folienverpackungen von kleineren Behältern wird der Gehalt des Rezyklats auf 80 Prozent erhöht. Recycling von Verpackungen findet so Eingang im Profi- und im Hobbybereich.

Aus eins mach 97

Mit nachhaltigen Rohstoffen am Anfang und rezyklierbaren Verpackungen am Ende der Kette beweist RICOTER sich umweltbewusst. Dazwischen, in der Produktion und innerhalb der Prozesse bewirkt das Unternehmen mit Energiesparmassnahmen Grosses. Beispiel gefällig? Wo früher Erdgas und damit viel Energie für die Nachtrocknung der Erde benötigt wurde, wird heute dank dem Bau einer Überdachung trocken gelagert. Ganz ohne zusätzliche Energieaufwände. Zudem wurde der Produktionsprozess mit umfangreichen Massnahmen optimiert. So konnten gigantische 97 Prozent des CO2-Ausstosses reduziert werden.

In Sachen Strombedarf setzt RICOTER auf Eigenstromproduktion: Zwei Photovoltaik-Anlagen produzieren rund 500 000 Kilowattstunden pro Jahr und decken den Bedarf für die Produktion. Nur einzelne Fahrzeuge und Maschinen müssen noch mit Diesel betrieben werden. Allerdings wird bei Neuanschaffungen immer geprüft, ob auch elektrische Modelle den Anforderungen genügen.

Der Rolls Royce für Ihre Pflanzen

Mit grossem Effort entwickelte RICOTER zusammen mit einem Ingenieurbüro ein Modul, das genau bestimmt, wie viel CO2 pro Kubikmeter entlang der gesamten Wertschöpfungskette ausgestossen wird – vom Transport über die Rohstoffaufbereitung und die Produktion bis zur Auslieferung. Exakt dieser Wert wird kompensiert, indem der Erde Pflanzenkohle als CO2-bindender Rohstoff zugesetzt wird. So entsteht unter dem Label «CO2-clean» ein einmaliges Rezept: CO2-neutrale, torffreie, vegane, kokosfreie Erde, «der Rolls Royce der Substrate», wie Sutter schmunzelt. Die Philosophie ist erkennbar: Sich stetig weiterentwickeln, machen, was möglich ist, Hand in Hand mit Effizienzsteigerung.

Weitere Informationen

Acht Zuckerrüben braucht es für die Produktion von einem Kilo Zucker. Und sonst? Nichts! Denn in Schweizer Zucker steckt ausschliesslich die natürliche Süsse der Zuckerrübe, die hier im heimischen Boden wächst.

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Zuckersüsse Zukunft

Acht Zuckerrüben braucht es für die Produktion von einem Kilo Zucker. Und sonst? Nichts! Denn in Schweizer Zucker steckt ausschliesslich die natürliche Süsse der Zuckerrübe, die hier im heimischen Boden wächst. Für die Produktion werden die Zuckerrüben geschnitten und gepresst, bevor der gewonnene Saft gereinigt und verdickt wird und die Masse anschliessend auskristallisiert. Zuckerrüben enthalten rund 75 Prozent Wasser, das es für die Kristallisierung zu verdampfen gilt. Dieser Schritt ist der energieintensivste der ganzen Produktion. Um ihre Energiebilanz zu verbessern, investierte die Schweizer Zucker AG in Zusammenarbeit mit der EnAW deshalb in einen neuen, effizienteren Verdampfer.

Auf dem Holzweg

Und nicht nur das. Noch viel nennenswerter ist der Umstieg von Erdgas auf den Energieträger Holz, den die Schweizer Zucker AG wagte. Zu diesem Zweck initiierte sie den Bau eines Holzkraftwerks auf dem Betriebsgelände in Aarberg mit. Das Holzkraftwerk nahm dieses Jahr erfolgreich den Betrieb auf und soll jährlich 70 000 Tonnen Altholz thermisch verwerten. Die erzeugte Energie wird in Form von Prozessdampf, Heisswasser und Elektrizität unter anderem für die Zuckerproduktion verwendet. Die Schweizer Zucker AG spart dadurch künftig jedes Jahr mehr als 16 000 Tonnen CO2-Emissionen ein. In Aarberg werden bereits ab Frühling 2021 über 50 Prozent der benötigten Energie für die Zuckergewinnung aus Altholz gewonnen. Ein wichtiger Schritt in Richtung Netto-Null-Ziel für die Schweizer Zucker AG, die seit Jahren konsequent den Weg der nachhaltigen Zuckergewinnung verfolgt.

WEITERE INFORMATIONEN

Das Netzwerk des Lebens floriert und gedeiht seit rund vier Milliarden Jahren und setzt dabei auf einige einfache Grundsätze. Dazu gehört der ständige Materialkreislauf: Was für einen Organismus Abfall ist, dient als Ressource für andere Lebewesen. Wenn sich unsere Industriestruktur daran orientiert, kann sie eigentlich nur noch florieren und gedeihen – oder?

Fünf Schritte sind bei der Umsetzung einer CO2-freien Produktion Erfolg versprechend:

Schritt 2: Übergreifende Nutzungen und Netze

Durch die Wärmerückgewinnung und Abwärmenutzung über einzelne Produktionsstandorte hinaus kann weiteres Potenzial zur Emissionsreduktion erschlossen werden. Durch Nah- und Fernwärmenetze können Wärme und Kälte zwischen verschiedenen Prozessen und Industrien genutzt werden. Die Herausforderungen bei der Umsetzung stellen sich bei der räumlichen Planung der übergreifenden Nutzungen und Netze bzw. der geografischen Distanz der potenziell angeschlossenen Unternehmen. Wärmenetze setzen ausserdem eine langfristige Planung voraus und bedingen hohe Investitionen, welche die Unternehmen der angeschlossenen Standorte teilweise finanziell nicht tragen können. Zudem schaffen übergreifende Nutzungen und Netze Abhängigkeiten zwischen den Betrieben, die bei der Planung berücksichtigt werden müssen. So kann zum Beispiel ein Pfannenhersteller eine Gemeindeverwaltung, ein Altersheim, Teile der Schulanlagen und private Liegenschaften mit Wärme versorgen. Da nicht nur Partnerunternehmen vorhanden sein müssen, sondern häufig auch eine öffentliche Infrastruktur Voraussetzung ist, sind zudem Rechts- und Planungssicherheit sowie ein gutes Einvernehmen mit den Behörden unabdinglich.


Die ersten Zivilisationen erlebten dank der Erfindung der Landwirtschaft einen Aufschwung. Nun, da unsere Gesellschaft ihre Energiemodelle neu erfinden muss, wird die energetische Gegenseitigkeit, die sich zwischen zwei landwirtschaftlichen Gewerben auf dem Land bei Vernier (GE) eingestellt hat, zum Symbol. Dort produziert die Millo & Cie in grossen Gewächshäusern Schnittblumen für den regionalen Markt. «Früher haben wir unsere 12 000 Quadratmeter grossen Gewächshäuser mit Propan beheizt», erinnert sich Charles Millo, dem schon seit jeher eine andere, erneuerbare, lokale Energiequelle vorschwebte. Zusammen mit dem Landwirtschaftsbetrieb seines Nachbarn Marc Zeller hat er daher beschlossen, das fossile Gas durch Biogas zu ersetzen: In einer grossen Kompostieranlage werden dem Mist und anderen organischen Abfällen Bakterien zugegeben, die beim Abbauprozess Methan freisetzen, mit dem in einer Wärme-Kraft-Kopplungsanlage Wärme und Strom generiert werden. «Seit 2012 produzieren wir Biogas aus den vergärbaren Abfällen von Marcs Hof sowie von zwei weiteren Landwirtschaftsbetrieben und aus Nahrungsmittelresten aus der Gastronomie.» Die jährlich erzeugten 3,5 Gigawattstunden Strom werden zu einem grossen Teil in das Netz eingespeist, und zwar bei Bedarf, denn die Lagerung von Methan ermöglicht eine flexible Einspeisung. Mit Biogas werden 70 Prozent des jährlichen Wärmebedarfs der Gewächshäuser mit einer Warmwasserheizung abgedeckt. Im Winter, wenn die Produktion der Schnittblumen auf Hochtouren läuft, wird als Zusatzheizung noch Propan eingesetzt.

«Dank Biogas können wir die Gewächshäuser beheizen, hausgemachten Strom nutzen und unser Einkommen diversifizieren, indem wir unseren Stromüberschuss verkaufen», freut sich Charles Millo. Der Verkauf der Gärreste als Dünger trägt in mehrerlei Hinsicht zum Klimaschutz bei: Er erfolgt lokal, die Produktion ist einfach, die Transportwege sind kurz bis inexistent.

Energie auf dem Land zum Zweiten

Ganz am anderen Ende der Schweiz, in Tägerwilen (TG), arbeiten der Frucht- und Gemüsesafthersteller Biotta AG und der benachbarte Gemüsebetrieb Rathgeb Bio ebenfalls Hand in Hand. Auch sie wollen sich von den fossilen Energieträgern lösen. «Die Sonne gewährleistet den grössten Energieanteil in unseren Gewächshäusern, aber es braucht noch mehr Energie, damit die Kulturen in einer warmen und trockenen Umgebung optimal gedeihen können», erklärt Thomas Meier, Leiter Finanzen bei Rathgeb. Als die Biotta AG ihr Heizsystem erneuern wollte, ist eine Diskussion über die Bedürfnisse der beiden Unternehmen entstanden – Dampf für Biotta und Warmwasser für Rathgeb. Nun nutzen beide Unternehmen gemeinsam eine Heizung, die mit Thurgauer Holzschnitzeln befeuert wird, mit einem Volumen von 5300 Kubikmetern pro Jahr. Das Warmwasser wird über die Fernwärmeleitung in die Speicheranlage von Rathgeb geleitet und der Dampf wird in die Produktionskette von Biotta eingespeist. Alle Produktionsprozesse und die Heizung der Biotta-Gebäude sind nun vollständig CO2-neutral. In den Gewächshäusern von Rathgeb beträgt dieser Grad momentan 75 Prozent, wobei der Gemüsebetrieb ebenfalls eine volle CO2-Neutralität anstrebt. Fortsetzung folgt also…

Noch mehr lokales Holz und Schokolade

Eine weitere Holzschnitzelfeuerung in Courtelary (BE) im Berner Jura hat überraschend gar drei Unternehmen aus ganz unterschiedlichen Sektoren vernetzt: eine Schreinerei, einen Schokoladenhersteller und ein Zementwerk.

Die Chocolats Camille Bloch SA lässt hinsichtlich erneuerbarer Energien nichts anbrennen. Die Photovoltaikanlagen auf den Dächern decken 10 Prozent des Strombedarfs – der restliche Strom stammt aus zertifizierter Wasserkraft. Auch die Kälte wird hauptsächlich mit Wasserkraft erzeugt, und zwar über die Entnahme von Wasser aus dem nahegelegenen Fluss. Zudem nutzt die auf dem Dach installierte Free Cooling-Anlage die Umgebungstemperatur für die Kälteerzeugung. Die Wärme, die in den Räumlichkeiten und entlang der gesamten Produktionskette verwendet wird, kommt hauptsächlich aus dem Fernwärmenetz der Gemeinde, für das regionales Holz verfeuert wird. Die aus der Durchsetzungskraft eines Unternehmers aus Courtelary entstandene La Praye énergie SA hat nun einen Kunden gewonnen, der zu jeder Jahreszeit ein Grossverbraucher ist. «Unser Heizölverbrauch ist von 230 000 auf 57 000 Liter pro Jahr gesunken – der Ölheizkessel bleibt lediglich zur Sicherheit und zur Unterstützung erhalten», erklärt Jean-Philippe Simon, Leiter Infrastruktur bei Camille Bloch.

Von der Schokolade zum Zement

Aber das war noch nicht alles. Das Netz von Camille Bloch und La Praye énergie hat sich über die Asche auf die Vigier Ciments SA in Péry Reuchenette (BE) ausgedehnt. Olivier Barbery, Direktor des Zementwerks, erläutert: «Für die Zementherstellung wird Kalkstein zu Rohmehl vermahlen, das anschliessend mit 20 Prozent Mergel versetzt wird, bevor alles bei 1450 Grad Celsius im Ofen gebrannt wird. So entsteht der Zementklinker, der dann zu Zement vermahlen wird. Beim Brennen sowohl des Kalkgemischs als auch des Brennstoffs wird CO2 freigesetzt. Da bei der Produktion einer Tonne Klinker 0.72 Tonnen CO2 freigesetzt werden, reduziert sich der CO2-Fussabdruck, je weniger Klinker sich im Zement befindet.»

1995 hat Vigier eine erste Generation von Zementen auf den Markt gebracht, bei denen Klinker und hochwertiger Rohkalkstein vermischt werden: «In einer zufälligen Unterhaltung mit dem Betreiber der Heizungsanlage in Courtelary erklärte dieser, wie die Asche in einer Deponie entsorgt und befeuchtet werden musste, mit einer Tarifierung nach Gewicht. Doch es gibt eine bessere Option: Die Asche kann in das Gemisch für den Klinker integriert werden. Seither verwenden wir die Asche», so Olivier Barbery. Allerdings ärgert sich Barbery darüber, dass die «Normen immer noch zu viel reinen Klinker für Anwendungen vorschreiben, in denen Gemische voll und ganz genügen würden». Die Normen müssen sich also noch weiterentwickeln. Das zeigt, dass Klimaschutz eine kollektive Herausforderung ist.

Seit 1976 optimiert Vigier Ciments so ihre CO2 -Bilanz: Fossile Energieträger werden laufend durch Altholz, Schlamm, Tabakstaub, tierische Fette und Tiermehl oder auch alte Lösungsmittel und Altöl usw. ersetzt. Also durch alles, was andernorts als Abfall anfällt… «Unsere Wärme wird heutzutage zu fast 97 Prozent aus alternativen Brennstoffen gewonnen.» Zusammen mit weiteren umfassenden Massnahmen führen die genannten Massnahmen zu einer Senkung der CO2-Emissionen um 35 Prozent seit 1990 am Standort, mit einem Ziel von 40 Prozent bis 2021.

Salz produzieren und Shrimps wärmen

Ebenfalls mit Mineralien arbeiten die Schweizer Salinen, die jährlich bis zu 600 000 Tonnen Salz an drei Standorten fördern: Riburg (AG), Schweizerhalle (BL) und Bex (VD). An den Standorten im Aargau und in Baselland befindet sich das Salz in Tiefen von 200 bis 500 Meter. Durch das Zuführen von Frischwasser bildet sich im angebohrten Salzlager die Sole. Nach der Verdampfung des Wassers bleibt das Salz zurück. Die Hälfte dieser Salzproduktion wird als Auftausalz auf den Strassen verwendet, der Rest für die Industrie, für das Vieh sowie – natürlich – als Speisesalz.

Die Verdampfungsprozesse benötigen viel Wärme, die über den freigesetzten Dampf laufend zurückgewonnen wird. Dank einer Vorrichtung, die 1877 von Antoine-Paul Piccard, dem Urgrossonkel von Bertrand Piccard, in Bex eingeführt wurde und die sich seither bewährt hat, wird der Dampf zuerst komprimiert und anschliessend in den Heizkreislauf eines grossen Verdampfers eingespeist. Der Verdampfer in der Riburger Saline ist 30 Meter hoch. Trotz der ständigen Optimierung der Energieeffizienz erzeugt die Anlage immer noch grosse Wärmeüberschüsse, «wie ein Fluch», lächelt François Sandoz, der technische Leiter. Dieser Überschuss ist hingegen ein Segen für den «wärmehungrigen» Nachbarn SwissShrimp, den Schweizer Shrimpszüchter, der 2018 seinen Betrieb aufgenommen hat. Die Abwärme der Saline wird über das Fernwärmenetz zur Shrimpsfarm und zu den Becken geleitet, «für eine ökologische und nachhaltige Shrimpsproduktion», verkündet François Sandoz stolz.

Zur Not: Vernetzung mit sich selbst!

Was, wenn man Abwärme hat, aber keinen Nachbarn, der sie nutzen könnte? Ein Unternehmen mit mehreren Gebäuden kann natürlich auch sein eigener Nachbar sein. Genau das hat die B. Braun Medical SA in Crissier (VD) gemacht.

Das deutsche Unternehmen, das vor 180 Jahren gegründet wurde und noch immer im Familienbesitz ist, beschäftigt momentan 63 000 Menschen weltweit, davon 365 in Crissier. Der Waadtländer Standort stellt Volumenersatzlösungen und flexible Weichbeutelsysteme für die parenterale Ernährung und die Infusionstherapie, aber auch Beutel für Lösungen zur urologischen Anwendung her.

Da B. Braun einen ziemlich hohen Wasser- und Energiebedarf aufweist, hat das Unternehmen 2018 beschlossen, die Abwärme etwa vom Spülwasser sowie die Kälte aus seinen Prozessen zurückzugewinnen. «Es musste ein komplexer Luftkreislauf geschaffen werden, um den Untergrund, der bereits mit Leitungen und Verkabelungen zwischen den Gebäuden durchlöchert war, zu umgehen. Aber das hat sich gelohnt!», erklärt Michel Monti Cavalli, Leiter Engineering und Technik. «Das Herzstück der Anlage bildet eine riesige Wärmepumpe der neusten Generation. Sie gewährleistet eine Temperatur von 75 Grad Celsius in unserem Heizkreislauf, indem sie die zurückgewonnene Abwärme mit einer Temperatur von 20 bis 35 Grad Celsius entsprechend umwandelt.» Diese Lösung deckt jetzt bis zu 97 Prozent des Heizbedarfs der Räumlichkeiten ab, ist fast klimaneutral und birgt dank der innovativen Kühlflüssigkeit der Wärmepumpe kein Risiko für die Ozonschicht.

Die B. Braun Medical SA in Crissier hat so ihre Nutzung von fossilen Energieträgern sehr stark gesenkt und damit auch ihre CO2-Emissionen. Die daraus resultierende Rückerstattung der Lenkungsabgabe trägt zur Rentabilität der Anlage bei.

Seit über vier Milliarden Jahren floriert und gedeiht das Netzwerk des Lebens kontinuierlich und basiert auf dem Grundsatz, dass die Abfälle eines Organismus als Ressource für andere Lebewesen dienen. Wenn sich unsere Industriestruktur daran orientiert, kann sie eigentlich nur noch florieren und gedeihen!


«Vernetzt denken, weit über den Tellerrand hinaus»

Im Interview mit Olivier Andres, CEO Steen Sustainable Energy AG, Lausanne, früherer Vorsteher des kantonalen Amts für Energie des Kantons Genf

Eigentlich ist es ganz natürlich, in einem Umfeld, in dem die Energie im Vordergrund steht, von «Netzen» zu sprechen. Und doch ist es höchste Zeit, die Netze im weiteren Sinne zu betrachten – gleichzeitig aber, und das ist kein Widerspruch, viel lokaler. Also nicht nur unter dem Blickwinkel der grossen herkömmlichen Verteilinfrastrukturen.

Herr Andres, wenn man heute über Netze spricht, was muss man sich darunter insbesondere für die Unternehmen vorstellen?

Es ist mittlerweile alltäglich, eine Kehrichtverbrennungsanlage für die Beheizung von Wohnungen mit diesen zu vernetzen. Doch jedes Unternehmen mit thermischen Überschüssen oder verwertbaren Abfällen sollte diese auch an andere Einheiten – Unternehmen, öffentliche Einrichtungen, Wohngebäude – übertragen können, die sie nutzen können. Das Potenzial in der Schweiz für solche Vernetzungen wird seit 2010¹ analysiert und vom Bund 2018 in einem Bericht² bestätigt. Die Investitionen lassen jedoch auf sich warten, und das Potenzial ist nicht ausgeschöpft. Zu viele Unternehmen sind nur auf sich fokussiert und beharren auf fossilen Energieträgern.

Allerdings sind die Klimakrise und die CO2-Gesetzgebung weniger abstrakt als die Energiefrage. Sie bewirken eine Bewusstwerdung, was wir als Planungsunternehmen spüren. Körperschaften bekräftigen ihr Interesse an einem Raumkonzept, das ihre lokalen Ressourcen in den Bereichen Energie, Materialien und Abfälle abbildet sowie die Möglichkeiten, diese Ressourcen weiterzuentwickeln und gemeinsam zu nutzen. In diesem Konzept haben auch die Unternehmen ihren Platz, und dieser Ressourcenkreislauf kann ihnen zusätzliche Erträge bescheren.

Was bremst das «Vernetzte Denken»?

Es handelt sich nicht um technische Hindernisse. Im digitalen Zeitalter erlauben leistungsstarke Technologien den kollektiven und rationalisierten Einsatz und Austausch von – elektrischen oder thermischen – Energie- und Materialflüssen.

Diese Wende nützt der Umwelt, aber auch der Wirtschaft, wird jedoch von einem wichtigen Akteur nicht ausreichend unterstützt: von der Finanzwelt. Die Finanzierung eines Wohnquartiers ist weniger risikobehaftet als diejenige von Infrastrukturen zur gemeinsamen Nutzung von Abwärme und Abfällen eines Industriegebiets. Denn wenn ein Unternehmen, das ein Glied dieser Kette ist, unerwartet schliesst, kann dieses Netz geschwächt oder gar unterbrochen werden. Der Staat könnte dort eine Rolle spielen: Er könnte Sicherheit schaffen, indem er für die Investitionen der Unternehmen oder externer Investoren bürgt. Und dabei darf man auch ruhig «gross» denken: Je mehr Unternehmen sich in einem Gebiet zusammentun, desto geringer sind die Risiken, weil auch diese gemeinsam getragen werden.

Wie sieht es mit Hindernissen aus, bei dem man auch als Netz einstufen könnte – D.h. bei Legislativbeschlüssen und der administrativen Prüfung von Projekten?

Auf politischer Ebene wurde mir schon häufig erklärt, dass ein Staat nicht wie ein Unternehmen geführt werde und dass Entscheidungen und Umsetzungen wegen politischer Machtwechsel mehr Zeit benötigten. Doch bei der Gesundheitskrise 2020 wurde rasch gehandelt, mit Mitteln, die auch in der Klimakrise ein Eingreifen ermöglichen würden. Der Klimawandel wird sich allerdings wesentlich stärker, dafür aber langfristiger, auswirken – und wird doch auf die leichte Schulter genommen.

Die administrative Prüfung von Projekten besteht aus einer Reihe von kleinen Entscheidungen, die den Umfang und das öffentliche Interesse dieser Projekte verschleiern. Klar ist, dass eine erneuerbare Energie, die aus lokalen Abfällen erzeugt und somit klimaschonend ist, ein Schritt in die richtige Richtung ist. Für diesen Schritt braucht es aber ein langes und fragmentiertes Verfahren – mit vielen Beschwerden und Überarbeitungen. Wenn man sich einen umfassenden, flexiblen Übergang wünscht, gilt es, ein Entscheidungsnetz auf die Beine zu stellen, das selbst auch umfassend und flexibel ist.

Erwähnte Quellen:
¹«Fernwärme Schweiz – VFS-Strategie», Weissbuch des Verbands Fernwärme Schweiz (VFS), Planungsbüro Eicher + Pauli, 2014.
²«Leitfaden Fernwärme/Fernkälte, Schlussbericht», energieschweiz, 2018. Beide Unterlagen stehen auf www.fernwaerme-schweiz.ch zur Verfügung.

WEITERE INFORMATIONEN

26 Landwirte verbessern die Effizienz ihrer Geflügelmastställe. Ein Erfolgsbeispiel, das zeigt, wie mit der richtigen Gruppendynamik nicht nur CO2 und Kilowattstunden eingespart werden.

Erich Jungo, der gebürtige Freiburger, ist der Präsident des Vereins GMDK und will mit der Nachhaltigkeit der Region etwas zurückgeben. Der Familienbetrieb führt er in der fünften Generation.

Die grosse Fotovoltaikanlage auf dem Landwirtschaftsbetrieb Jungo ist von Weitem erkennbar. Uns interessiert, welches Effizienzsteigerungspotenzial sich darunter im Gefügelstall verbirgt.

Der Geflügerstall in Schönholzerswilen punktet durch eine hohe Effizienz. Seit Oktober 2018 wird er von Legehennen bewohnt.

Als Initiator der Gruppe lässt Markus Zürcher in seinem Betrieb in Schönholzerswilen kaum einen Prozess ungetestet.

Fünf Schritte sind bei der Umsetzung einer CO2-freien Produktion Erfolg versprechend:

SCHRITT 1: EFFIZIENZSTEIGERUNG

Insbesondere bei der Umsetzung von Massnahmen in den Prozessen ist das Potenzial für die Reduktion des CO2-Ausstosses durch Effizienzverbesserungen immer noch hoch. Durch Betriebsoptimierungen, den Einsatz verbesserter Technologien und Innovationen, prozessinterne Wärmerückgewinnung und Abwärmenutzung mit PinCH-Design können die Emissionen heruntergefahren werden. Die Effizienzsteigerungsmassnahmen für den klimaschonenden Einsatz von Prozesswärme und Prozessen sind für viele Betriebe häufig auch die kosteneffizientesten Massnahmen.

Weitere Schritte


Zugegeben, ein Geflügelmaststall ist auf den ersten Blick energietechnisch wenig komplex. Eine Halle, eine Gebäudehülle, eine Heizung und eine Beleuchtung. Das ist alles, was es an Haustechnik für den Betrieb braucht. Dennoch fällt durch den Geflügelstall ein permanenter Heiz- und Stromverbrauch an. Der erste logische Schritt? Effizienzverbesserungen – natürlich stets der Maxime des Tierwohls und der artgerechten Haltung folgend.

EINE LÖSUNG MUSS HER

Gerade im Kleinbetrieb fehlt aber oft das nötige Know-how, die personellen Ressourcen oder der finanzielle Anreiz über die Rückerstattung der CO2-Abgabe, um die Energiebilanz zu verbessern. Man könnte meinen, die Geschichte ende hier. Weit gefehlt. Denn damit gab sich der gelernte Landwirt, Kaufmann und studierte Betriebsökonom Markus Zürcher nicht zufrieden. Für seinen Landwirtschaftsbetrieb in Schönholzerswilen im Thurgau suchte er 2012 deshalb nach einer Lösung – noch unwissend, dass sich daraus ein brancheninternes Musterbeispiel etablieren würde. Der Plan entwickelte sich im gemeinsamen Austausch mit dem EnAW-Berater und Mitglied der EnAW-Geschäftsleitung Stefan Krummenacher: Ist der Betrieb allein zu klein für die Rückerstattung der CO2-Abgabe, müssen mehrere Betriebe her. Aber ob Massnahmen und Modelle, die für Grossbetriebe konzipiert sind, auch in Kleinbetrieben funktionieren?

GEMEINSAM VIEL EINGESPART

Um das herauszufinden, schloss sich Zürcher mit dem befreundeten Landwirt Erich Jungo aus Düdingen im Kanton Freiburg zusammen. Denn eines war klar: Genügend Geflügelmastbetriebe bringt man nur mit guten Beziehungen und gesamtschweizerisch zusammen. Im Frühsommer 2014 war es so weit: Als Gruppe Geflügelmastbetriebe Dritter Kraft (GMDK) haben 26 Betriebe aus der ganzen Schweiz – insbesondere aus der Ost- und Westschweiz – über das Energie-Modell der EnAW eine gemeinsame Zielvereinbarung mit dem Bund abgeschlossen und damit den Grundstein für die Verbesserung der Energiebilanz ihrer Ställe gelegt. Mit Erfolg: Seither konnte der CO2-Ausstoss im Vergleich zum Ausgangsjahr um 21.8 Prozent respektive 276 Tonnen reduziert werden. Die Energieeffizienz konnte im gleichen Zeitraum um 22 Prozent gesteigert werden. Die Einsparungen, so Krummenacher, resultieren direkt aus der Massnahmenumsetzung der einzelnen Betriebe. Ein Beweis dafür, dass Kleinvieh auch Mist macht – und das nicht nur im Hühnerstall.

Gerade als Kleinbetrieb sind wir auf den Austausch angewiesen.

Erich Jungo, Landwirt und Präsident des Vereins GMDK

GASKANONEN UND ENERGETISCHE TEUFELSKREISE

Das Raumklima ist bei Stallungen ein sensibles Thema. Energietechnische und thermodynamische Zusammenhänge müssen verstanden sein. Die Hühner mögen es gerne warm und nicht zu feucht – Heizen und Lüften machen also die Prozesse aus. Um die richtigen thermodynamischen Anforderungen zu finden, braucht es Fingerspitzengefühl. Als Markus Zürcher auf dem Hof in Schönholzerswilen im Thurgau 2002 seinen Stall für die Geflügelmast baute, war klar, dass die Wärmeerzeugung über Gaskanonen laufen wird – der damalige Standard in der Branche. «Das ist einfach und kostengünstig in der Investition», so der Landwirt. Gaskanonen erzeugen Wärme über die Verbrennung von Gas und blasen diese – wie es der Name sagt – durch ein Rohr in den Stall. Aber neben der heissen Luft gelangen bei herkömmlichen Gaskanonen auch Verbrennungsabgase, namentlich CO2, in den Stall. «Den CO2-Wert gilt es für das Tierwohl und den Betrieb aber tief zu halten», weiss Zürcher. Um das CO2 und die durch das Propangas entstehende Feuchtigkeit aus dem Stall zu ziehen, muss regelmässig gelüftet werden. Das führt wiederum je nach Wetter zu tieferen Temperaturen und einer höheren Feuchtigkeit, weshalb wieder mehr geheizt werden muss. «Wir haben es hier mit einem Teufelskreis zu tun», erklärt er.

AUF DIE ISOLATION KOMMT ES AN

Ansätze, wie man diesen thermodynamischen Teufelskreis aufbrechen kann, gibt es mehrere. Eine einfache, aber wirkungsvolle Effizienzsteigerung liefert die Gebäudehülle: «Als wir den Stall gebaut haben, haben wir eine 60 Millimeter dünne Decke gebaut. So etwas ist heute gar nicht mehr erlaubt», so Zürcher. Als erste Effizienzmassnahme hat er deshalb sämtliche Fenster ausgewechselt, die Isolation der Decke auf 120 Millimeter verdoppelt und komplett geschäumt, sprich luftdicht gemacht. «Den Energiebedarf konnten wir allein durch diese Massnahme um mehr als 20 Prozent senken, da die Wärme nicht mehr entweicht und weniger Feuchtigkeit eindringt.» Das entspricht einer durchschnittlichen Reduktion von 15 Tonnen CO2 pro Jahr.

Doch die Gaskanonen liefen weiter. Gerade in kalten Monaten waren sie im Dauerbetrieb, der Gasverbrauch entsprechend verbesserungsbedürftig. Die Lösung: eine Bodenheizung. Dadurch, dass dort geheizt wird, wo die Wärme gebraucht wird – nämlich am Boden beim Tier –, kann die Heizleistung fast halbiert werden. Eine Massnahme, die sich nicht nur energetisch lohnt und das Budget schont, sondern auch die Hühner freut. Denn «wie wir Menschen haben auch die Hühner nicht gerne kalte Füsse», schmunzelt Zürcher.

DOPPELT PUNKTEN

Mit den hohen Heizkosten und dem dadurch verbundenen CO2-Ausstoss suchte auch Erich Jungo für seinen Betrieb in Düdingen nach einer besseren Lösung. Bereits zwei Jahre nach dem Bau der Geflügelmasthalle investierte er deshalb in einen Wärmetauscher. Und punktet damit gleich zweifach. Die Zuluft von aussen wird über den Wärmetauscher durch die warme Stallabluft vorgewärmt. Dadurch wird für die Wärmeerzeugung einerseits weniger Energie gebraucht und somit weniger CO2 ausgestossen. Andererseits ist die Luft, die durch den Wärmetauscher geht, weniger feucht. «Weniger Feuchtigkeit bedeutet ein trockneres Klima. Dadurch muss ich dem Stall weniger Feuchtigkeit entziehen und weniger heizen», erklärt Jungo.

Der Teufelskreis im Heizsystem ist durchbrochen, der CO2-Ausstoss vermindert. Das war ihm aber nicht genug. Just in diesem Jahr nahm er seine Holzschnitzelheizung in Betrieb und verbannte auch den letzten Verbrauch an fossilen Brennstoffen vom Hof. «Die Holzschnitzelheizung gibt weder CO2 noch Feuchtigkeit ab. Wir müssen also weniger lüften und sparen dadurch auch noch Strom», sagt Jungo und ergänzt, dass er diese Massnahme getroffen habe, um seine Vision von einer ökologischen und lokalen Produktion zu verwirklichen. Wirtschaftlich rechnen tut sie sich nicht – zumindest noch nicht. Was sich für beide Landwirte rechnet ist die lokale Produktion von Strom. Jungo, der heute sämtliche Energieträger betriebsintern erzeugt, hat seinen Geflügelstall und das Gebäude der Holzschnitzelheizung mit Fotovoltaikanlagen ausgestattet. Bei Zürcher ist die Remise von Solarmodulen eingekleidet, der Geflügelstall folgt in den nächsten Jahren.

EIN LICHT(LEIN) GEHT AUF

Apropos Strom: Dass die LED-Technik in der Energieeffizienz stark ist, wissen die Landwirte. Aber ein falsches Lichtspektrum beeinflusst das Verhalten der Tiere negativ. «Stimmt das Licht nicht, werden die Hühner nervös», so Jungo. Einem Kollegen aus der Gruppe GMDK sei genau das passiert. «Die Lampen mussten wieder abmontiert werden.» LED wird immer noch heiss diskutiert in der Gruppe. Jungo, der selbst auch auf LED-Lampen umgesattelt hat, weiss: «Auch Misserfolge bringen wertvolle Erkenntnisse.» Gerade Kleinbetriebe seien auf den Austausch mit anderen angewiesen, um zu lernen und Fehlinvestitionen zu vermeiden.

Der CO2-Wert muss tief sein – für den Betrieb und das Tierwohl im Stall.

Markus Zürcher, Landwirt und Betriebsökonom

DIE RICHTIGE DYNAMIK

Dieser wertvolle Austausch macht die Gruppe aus. Einmal jährlich – auf halber Strecke zwischen der Ost- und Westschweiz im Kanton Aargau – treffen sich die Landwirte zu ihrer Generalversammlung. Generalversammlung? Ja. Die Gruppe GMDK hat 2017 den gleichnamigen Verein gegründet, um die Prozesse und die Administration in der Gruppe möglichst reibungslos zu gestalten. Unter der Leitung von Präsident Jungo, Zürcher und EnAW-Berater Krummenacher tauschen sich die Landwirte über neue Projekte, die aktuelle Gesetzeslage sowie die Finanzierungsmöglichkeiten aus. Es wird rege und konstruktiv diskutiert. «Wir stellen diesen Mehrwert des Wissenstransfers allen Mitgliedern zur Verfügung», sagt Jungo. Die Entscheidungsfreiheit betreffend Massnahmenumsetzung liege aber bei jedem Mitglied selbst – ein Aspekt, den Jungo und Zürcher mehrfach betonen. Es werde nicht einfach ein Versuchskaninchen erkoren, um neue Massnahmen umzusetzen. «Das ist gar nicht nötig», sagt Zürcher. Denn einer sei immer an einer Massnahme dran. Auch entwickeln die Mitglieder eigene Ideen und neue Ansätze, die wiederum allen anderen etwas bringen könnten.

Diskutiert werden sie dann an der GV, mit der geschätzten fachlichen Beurteilung durch den EnAW-Energiespezialisten Krummenacher. Ob die Zweisprachigkeit denn gar kein Hindernis sei? Im Gegenteil. Das schweizweite Netzwerk sei sogar eine Chance. «Wir sind trotz Sprachbarrieren ein Miteinander », meint Jungo. Und wenn es doch mal hapern sollte, schlüpft der Präsident einfach in die Dolmetscherrolle. Auch Zürcher freut’s: «Diese Eigendynamik, die sich bei uns eingebürgert hat, die ist wirklich sehr sympathisch.»

«WIR SPAREN MEHR ALS NUR CO2 UND KWH EIN.»

Die Gruppenarbeit bietet noch mehr Vorteile als der reduzierte CO2-Ausstoss und die gesteigerte Energieeffizienz. Der regelmässige Austausch im Verein helfe, eine Betriebsblindheit zu unterbinden. «Wir befassen uns mit dem Energiethema und verschiedenen Massnahmen, werden nachhaltiger und sparen Geld – das ist das, was uns verbindet», meint der Präsident. Der Verein animiere dazu, auch mal ein Projekt umzusetzen, mit dem einer allein sich nicht befassen würde. Er ist überzeugt: «Diese Gruppendynamiken sind sicherlich ein Grund, weshalb unsere Zahlen so gut sind.» Ein zusätzlicher Motivator, um Effizienzmassnahmen umzusetzen, liefere die Rückerstattung der CO2-Abgabe. Im Jahresdurchschnitt erhält die Gruppe rund 80 000 Franken rückerstattet – Schweizer Franken, die wiederum in die Verbesserung der Energiebilanz investiert werden. Wie der Betrag aufgeteilt wird?

«Aufgrund des Solidaritätsgedankens in der Gruppe haben wir uns gegen einen Verteilschlüssel mit Provision entschieden. Das würde den falschen Anreiz setzen», findet Zürcher. Es gibt eine Pauschale nach dem Solidaritätsprinzip, die jeder bekommt. Denn es braucht die «kleinen» wie auch die «grossen» Verbraucher. Der Rest wird je nach Fläche des Stalls aufgeteilt. Jungos Gesamtbilanz: «Mit den gemeinsamen Effizienzsteigerungen machen wir etwas Nachhaltiges für die Region, bleiben wettbewerbsfähig, verbessern das Image und kurbeln die bilaterale Vernetzung unter Gleichgesinnten an.» Die Gruppe Geflügelmastbetriebe Dritter Kraft (GMDK) steht also für viel mehr, als reine CO2– und Kilowattstundenreduktionen.


«MOTIVIERT, NEUE WEGE ZU GEHEN.»

Im Interview mit Stefan Krummenacher, Mitglied der EnAW-Geschäftsleitung und Bereichsleiter

Herr Krummenacher, Sie beraten und begleiten die Gruppe der Geflügelmastbetriebe Dritter Kraft (GMDK) seit Beginn. In der Gruppe hat sich eine gute Eigendynamik entwickelt. Worin besteht Ihre Aufgabe als Gruppenmoderator?

Adrian Zimmermann und ich versuchen, Prozesse anzustossen, indem wir Daten vergleichen. Wir vergleichen beispielsweise einen Stall mit und ohne W.rmerückgewinnung und zeigen an der Generalversammlung dann auf, was die Landwirte mit der Massnahmenumsetzung gewinnen können. Auch beobachten wir den Markt: Was funktioniert in anderen Ställen, beispielsweise in einem Viehstall? Kann man etwas «abkupfern»? Wir orientieren uns dabei auch an anderen Branchen. Wenn wir neue Ideen oder Ansätze haben, bringen wir sie an die Generalversammlung mit. Die Erfahrung zeigt, dass vieles, was in grösseren Betrieben funktioniert, unter den richtigen Rahmenbedingungen auch im Kleinbetrieb funktioniert.

In der Theorie spielt bei Effizienzsteigerungsmassnahmen auch die PinCH-Analyse eine Rolle. Ist das im Hühnerstall eine Option?

Nein, das wäre mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Die PinCH-Analyse kommt dann zum Zuge, wenn die Energieflüsse komplexer werden. Das ist eher in grösseren Betrieben der Fall, wie beispielsweise bei den Grastrocknern. Die landwirtschaftliche Energie-Modell-Gruppe der Grastrockner und die Gruppe Käsereien (Fromarte) haben uns übrigens zur Initialisierung der Gruppe GMDK inspiriert.

Weshalb ist die Gruppe GMDK ein Erfolgsbeispiel?

Für mich gibt es drei Gründe. Erstens haben die Betriebe tatsächlich etwas davon. Die CO2-Reduktionen sind beträchtlich und die finanziellen Rückflüsse erfreulich. Das Geld investieren die Landwirte häufig in neue Massnahmen, was auch zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit beiträgt. Der zweite Punkt ist der gesellschaftliche Aspekt: Das jährliche Zusammenkommen an der Generalversammlung ermöglicht einen regelmässigen Erfahrungsaustausch, fördert die gegenseitige Motivation und kurbelt Diskussionen rund um Energiethemen an. Gerade im Erfahrungsaustausch zeigt sich der Vorteil der Gruppenintelligenz gegenüber der Einzelintelligenz sehr schön: Die Teilnehmer sind wirklich motiviert, auch neue Wege zu gehen. Drittens profitieren alle: die Landwirte, die EnAW und die Umwelt. Das ist einfach EnAW vom Feinsten!

Hat das Modell das Potenzial, expandiert zu werden?

Eindeutig! Allerdings müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Die Gruppenmitglieder müssen in der Energieintensität und der Betriebsstruktur eine gewisse Homogenität haben. Dann braucht es eine tragfähige Struktur, in der die Gruppe beheimatet ist.

WEITERE INFORMATIONEN

Weg von fossilen Energieträgern und hin zu erneuerbaren Energien. Für die beiden Schweizer Biopioniere Biotta AG und Rathgeb Bio ist das (bio-)logisch. Dank der gemeinsamen Holzschnitzelheizung, die kürzlich in Betrieb genommen wurde, sparen die beiden Unternehmen in Tägerwilen jährlich 2500 Tonnen CO2 ein. Eine Kooperation, die auch bei der EnAW für Begeisterung sorgt.

Die gemeinsame Holzschnitzelheizung in Tägerwilen ist in Sachen Nachhaltigkeit schweizweit ein Leuchtturmprojekt. Die Initiatoren dahinter: Thomas Meier (Zweiter von links) und Markus Gschwandtner (Dritter von links).

Tägerwilen im Kanton Thurgau, direkt beim Hauptsitz der Biotta AG und nur wenige Gehminuten von den Gewächshäusern der BioFresh AG entfernt. Es riecht holzig-harzig, fast schon würzig. Nicht gerade Düfte, die man mit der Biosaftproduktion oder dem Gemüseanbau assoziiert. Zumindest nicht im ersten Moment. Denn in Tägerwilen hat das eine sehr wohl etwas mit dem anderen zu tun. Gemeint ist die im Spätherbst in Betrieb genommene, gemeinsame Holzschnitzelheizung, die den beiden Biobetrieben die benötigte Energie für das Tagesgeschäft liefert. Was es dafür braucht? Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit, dieselbe Vision in Sachen Energiezukunft und das Einstehen für nachhaltige Projekte.

NACHHALTIGE ZIELE

Man nehme zwei Pioniere aus der Schweizer Biolandschaft – einen Biosaftproduzenten und einen Biogemüsebaubetrieb – und erhalte eine innovative und weitsichtige Kooperation. Die Liebe zur Natur, die konsequente Ausrichtung auf die biologische Landwirtschaft, die nachhaltige Betriebsphilosophie, der Anspruch auf höchste Kundenzufriedenheit und die Teilnahme am Energie-Management der EnAW: Biotta und Rathgeb Bio haben einiges gemeinsam. So auch das unermüdliche Streben nach möglichst innovativen und nachhaltigen Lösungen. Deshalb haben die beiden Schweizer Biopioniere unabhängig voneinander mit Unterstützung der EnAW eine Zielvereinbarung mit dem Bund zur Reduktion der CO2-Emissionen und der Steigerung der Energieeffizienz abgeschlossen. Das Ziel? Weg von fossilen Energieträgern, hin zu nachhaltigen Energiequellen. Wie das geht? Gemeinsam. Und mit Geduld.

IDEALES TIMING

Vor fünf Jahren haben sich Thomas Meier, Leiter Finanzen und Support von Rathgeb, und Markus Gschwandtner, Leiter Finanzen und Administration von Biotta, zum ersten Mal an einen Tisch gesetzt. «Unsere Gewächshäuser brauchen Energie, damit die Nutzpflanzen warm, trocken und gesund Hochleistungen erbringen, auch wenn der weitaus grösste Teil der Energie direkt von der Sonne kommt», weiss Meier. Zwar habe sich die Energieeffizienz in den Gewächshäusern in Tägerwilen dank grosser Investitionen bereits deutlich verbessert, «trotzdem ist es unser Ziel, noch nachhaltiger zu werden und die CO2-Bilanz weiter zu verbessern», so Meier. Auch Biotta setzt im Bereich Energieeffizienz auf hohe Standards. «Nachhaltigkeit liegt in der DNA von Biotta. Ob der hohen CO2-Belastung wollten wir deshalb weg vom Heizöl als Energieträger», sagt Gschwandtner. Eine baldige Sanierung der Heizanlage stand beim führenden Biosaftproduzenten also ohnehin an – ideales Timing, denn auch das Nachbarsunternehmen Rathgeb suchte für die Beheizung ihrer Gewächshäuser nach einer möglichst wirtschaftlichen Methode aus erneuerbaren Energieträgern.

GEMEINSAM STARK

So viel ist klar: Für beide Unternehmen wäre eine Lösung mit erneuerbaren Energien im Alleingang wirtschaftlich nicht möglich gewesen. Bei einem Gemeinschaftsprojekt dieser Dimension dürfe man aber die administrativen Aufwände nicht unterschätzen, weiss Gschwandtner. Wer braucht wie viel Energie, wie schaut der Zusammenarbeitsvertrag aus, wie wird das Projekt gemeinsam finanziert, wie funktioniert die Abrechnung? Fragen, auf die Gschwandtner und Meier während der letzten fünf Jahre Antworten suchten. Und fanden. «Das Ganze unter einen Hut zu bringen, war eine grosse Herausforderung», erklärt Gschwandtner. Schliesslich seien Biotta und Rathgeb doch zwei verschiedene, unabhängige Unternehmen. Auch der EnAW-Berater von Rathgeb, Martin Steiger, weiss: «Eine erfolgreiche Kooperation in dieser Konstellation ist speziell. Rathgeb braucht mehr Energie in Form von Warmwasser, Biotta dafür aber Dampf.» Dass die Unternehmen hier einen Kompromiss gefunden haben, so der EnAW-Berater, sei lobenswert.

EINE LÖSUNG DER SONDERKLASSE

Nicht minder lobenswert sind die Resultate. Dank des übergeordneten, komplexen Steuerungssystems wird auch die Wettervorhersage miteinbezogen und die optimale Energieversorgung garantiert. Drei Prozent des jährlichen Holzzuwachs im Kanton Thurgau – das sind rund 5300 Kubikmeter regionales Schlagholz: So viel Holzschnitzel werden pro Jahr direkt vor den Türen von Biotta in Tägerwilen angeliefert und in der neuen Holzschnitzelheizung verbrannt. Die daraus resultierende Wärme wird über die Fernwärmeleitung in den Speicher von Rathgeb geschleust, der Dampf gelangt in die Produktionskette von Biotta. Das Ergebnis? Eine Nennleistung von 2.4 Megawatt. Wird die Energierückgewinnung mittels Wärmepumpe und der Rauchgaskondensation addiert, vergrössert sich die Leistung auf 3.0 Megawatt.

WIRTSCHAFTLICHKEIT UND NACHHALTIGKEIT GEHEN HAND IN HAND

Allerdings liegen die Energiekosten mit dieser Gemeinschaftslösung für beide Unternehmen etwa 20 bis 30 Prozent höher als mit der herkömmlichen Energiezufuhr. Um einem Teil dieser fehlenden Wirtschaftlichkeit entgegenzuwirken, erhielt das Projekt Fördergelder von der Stiftung KliK und dem Kanton Thurgau. «Die Wirtschaftlichkeit eines solchen Projektes ist ein wichtiger Pfeiler. Aber wir sind bereit, den Mehrpreis zugunsten der Nachhaltigkeit zu zahlen», sagt Meier und hofft, dass es ihnen die Kunden, Konsumenten und Enkelkinder einmal danken werden. Ob sich die Investition im Millionenbereich finanziell gelohnt hat, werde sich erst in der Zukunft zeigen und hängt stark von den Preisentwicklungen der verschiedenen Energieträger ab. Aus der Nachhaltigkeitsoptik lohne sich die Anlage aber allemal: 2500 Tonnen CO2 sparen Biotta und Rathgeb mit der neuen Holzschnitzelheizung jährlich insgesamt ein. Und dem ist nicht genug: Dank der Einsparungen sind alle Produktionsprozesse und das Heizen der Gebäude von Biotta zu 100 Prozent CO2-neutral, die Gewächshäuser von Rathgeb zu 75 Prozent. Und die restlichen 25 Prozent? «Wir werden gemeinsam mit der EnAW die Gewächshäuser genauer unter die Lupe nehmen und versuchen, die restlichen 25 Prozent auch noch fossilfrei erzeugen zu können», antwortet Meier. Denn: Das mit der Nachhaltigkeit ist ein fortwährender Prozess.

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