Anfang 2025 werden gleich drei wichtige Gesetzesänderungen für die Unternehmen in Kraft treten.
Die erste Änderung betrifft das Klima- und Innovationsgesetz, das im Juni 2023 an der Urne angenommen wurde. Diese Vorlage hat das Ziel netto null im Visier, auch für die Industrie, und sieht während sechs Jahren eine Investitionsförderung von 200 Millionen pro Jahr für innovative Projekte vor.
Zudem wurde das CO2-Gesetz revidiert. Neu können auch Kleinunternehmen die Rückerstattung der CO2-Abgabe beantragen, wenn sie eine Verminderungsverpflichtung eingehen. Diese Vorlage sieht auch eine Förderung der Erzeugung von erneuerbarem Gas aus Stromüberschüssen vor.
Beim dritten Gesetz handelt es sich schliesslich um das am 9. Juni 2024 vom Stimmvolk angenommene Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien, dessen Ziel der massive Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen und eine bessere Speicherung ist.
Dieser neue Rechtsrahmen ist zwar anspruchsvoll, bietet aber unglaubliche Innovationsmöglichkeiten für Unternehmen. Es gilt insbesondere, die möglichen Synergien zwischen der Dekarbonisierung der Industrie und der Winterstromversorgung zu nutzen.
Hochtemperatur als Herausforderung in der Industrie
Für die Industrie gestaltet sich die Dekarbonisierung im Hochtemperaturbereich am schwierigsten. Denn bis 100 Grad oder demnächst sogar bis 150 Grad lässt sich mit sparsamen Wärmepumpen oder mit Wärmerückgewinnung durchaus Wärme erzeugen. Bei Temperaturen über 150 Grad, also in einem Segment, auf das etwa 70 Prozent des Wärmeverbrauchs der Industrie entfallen, wird hingegen in der Regel entweder Brennstoff oder direkt in Wärme umgewandelter Strom benötigt. Dies impliziert zumindest teilweise, klimaneutrales Gas einsetzen zu können. Biogas wird jedoch im grossen Massstab nicht ausreichen. Daher sollte auf Synthesegase gesetzt werden, die mithilfe von Strom erzeugt werden.
Nutzung der Stromüberproduktion im Sommer
Technisch gesehen ist es möglich, im Sommer überschüssigen Strom aus Solar- und Wasserkraft zur Erzeugung von klimaneutralem Wasserstoff oder Methan zu nutzen und diese Gase dann zu speichern, um im Winter Strom zu erzeugen. Diese Strategie weist jedoch eine entscheidende Schwachstelle auf: Die Umwandlung von Strom in Synthesegase führt zu erheblichen Verlusten von 30 bis 50 Prozent. Anschliessend generiert die Rückverstromung dieses Gases weitere Verluste. Diese Technologien benötigen zur Erzeugung einer Kilowattstunde im Winter etwa drei Kilowattstunden aus der Sommerproduktion. Die doppelte Umwandlung resultiert also in erheblichen Verlusten.
In Teil VI meines Buches (siehe Kurzbiografie unten) schlage ich eine andere Strategie vor: Die Produktion aus Solar-, Wind- und Wasserkraft soll ausgebaut werden, damit im Winter genügend Strom zur Verfügung steht. Die Überschüsse im Sommer sollen zudem genutzt werden, um Synthesegase zu erzeugen, die in erster Linie für die Industrie bestimmt sind. So werden Verluste vermieden, die bei der Rückverwandlung von erneuerbarem Gas in Strom entstehen. Wenn wir beide Probleme gemeinsam in Angriff nehmen, erreichen wir eine höhere Gesamteffizienz.
Dank des neuen Rechtsrahmens kann dieses Szenario nun greifbare Realität werden. Die Realisierungsphase beginnt – möge der Beste gewinnen!

Über den Autor
Roger Nordmann ist Nationalrat und Mitglied der UREK-N sowie Mitglied des Verwaltungsrats der Groupe e AG und Präsident des Verwaltungsrats der Planair AG.
Er ist als unabhängiger Berater tätig und hat zuletzt «Klimaschutz und Energiesicherheit. Wie die Schweiz eine rasche und gerechte Wende schafft» publiziert (Zytglogge, 2023). Leserinnen und Leser des Magazin Fokus der EnAW profitieren von einem Spezialrabatt unter: https://rogernordmann.ch/livre-avec-rabais/
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07.11.2024