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Flumroc: weniger Emissionen, mehr Energieeffizienz

23.04.2025

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Seit einem Jahr setzt das Traditionsunternehmen Flumroc bei der Produktion seiner Steinwolle auf einen Elektroschmelzofen. Dieser hat im Produktionsprozess zu einer massiven Senkung der Emissionen und gleichzeitig zu einer höheren Energieeffizienz geführt.

Es ist stickig und heiss vor dem Elektroschmelzofen. Drinnen werden 150 Tonnen Gestein auf rund 1500 Grad Celsius erhitzt. Die Schmelze wird von der Spinnmaschine zerfasert und dann aufgesammelt. Daraus entsteht am Ende ein unendlich langer Teppich aus Steinwolle, der über ein Rollband den Ofen verlässt. Dieser Teppich wird im Härteofen bei rund 200 Grad erhitzt, damit das Bindemittel aushärtet. Schliesslich werden die Dämmplatten zugeschnitten.

Der Elektroschmelzofen ist erst seit einem Jahr in Betrieb. Zuvor hatte Flumroc die Steinwolle in einem Kokskohleofen hergestellt. «Wir mussten die gesamte Abluftabreinigungsanlage erneuern», sagt Dominic Hofstetter, Verantwortlicher für Umwelt, Energie und Arbeitssicherheit bei Flumroc. Statt auf ein konventionelles Ersatzmodell zu setzen, entschied sich Flumroc für einen radikalen Schritt: den Bau eines Elektroschmelzofens für zwei Produktionslinien – weltweit einzigartig in dieser Form.

CO₂-Emissionen im Schmelzprozess sinken um mindestens 80 Prozent

Norwegen verfügt als einziges weiteres Land über einen ähnlichen Elektroschmelzofen wie derjenige von Flumroc – allerdings nur mit einer Linie und deutlich kleiner. Entsprechend fehlten Flumroc Erfahrungswerte. «Wir sind immer noch dabei, die die neue Anlage zu optimieren», erklärt Hofstetter.

Dass solche Elektroschmelzöfen gerade in Norwegen und in der Schweiz installiert wurden, ist kein Zufall: Der überwiegende Teil des Stroms stammt in beiden Ländern aus Wasserkraft. «In Ländern mit hohem Kohlestromanteil wäre so ein Ofen weniger sinnvoll», so Hofstetter. Auch dank des Wasserkraftstroms, mit dem er betrieben wird, soll der Elektroschmelzofen in Flums die CO2-Emissionen in der Produktion gegenüber dem bisherigen Verfahren deutlich senken. Wie viel genau, ist noch unklar, da das Monitoring dieser Massnahme aussteht. Doch klar ist: Die Einsparung ist massiv. «Wir gehen davon aus, dass sich die CO2-Emissionen in Schmelzprozess um mindestens 80 Prozent reduzieren», so Hofstetter – «das sind 25 000 bis 28 000 Tonnen pro Jahr». Erste Auswertungen bestätigen diesen Wert. Zum Vergleich: Das entspricht den jährlichen Emissionen von rund 20 000 Autos. Gemessen an der Gemeinde Flums reduziert der neue Elektroofen die Emissionen um fast die Hälfte des gesamten jährlichen CO₂-Ausstosses. «Solch eine CO₂-Reduktion findet man in der Industrie äusserst selten – das ist schon eine echte Ausnahmeleistung», rechnet EnAW-Berater Ettlin vor. Und Hofstetter ergänzt: «Dass wir diese Chance genutzt haben, um gleich die CO₂-Emissionen so drastisch zu senken, war eine strategische Entscheidung.»

Recycling-Prozess verbessert

Doch nicht nur die CO₂-Emissionen konnte Flumroc dank der rund 100 Millionen Franken teuren neuen Anlagen senken. «Wir konnten auch die Schwefelemissionen deutlich reduzieren», erklärt Hofstetter. Früher stellte Flumroc aus Produktionsrückständen unter Zugabe von Zement sogenannte Briketts her – Formsteine, die das Recyclingmaterial wieder in den Schmelzprozess eingebracht hatten. Der Grund: Feine Rückstände und Staub aus der Produktion liessen sich im alten Koksofen nicht direkt einschmelzen. «Diese Briketts haben wir dann in den Ofen gegeben», so Hofstetter. «Dabei haben wir pro Jahr rund 8000 bis 10 000 Tonnen Zement verbrannt – mit entsprechenden Schwefelemissionen. Der neue Elektroschmelzofen kommt ohne diesen Umweg aus: Das feine Granulat kann direkt wieder mit dem Gestein in den Ofen zugegeben werden. «Die Brikettherstellung fällt komplett weg, und damit auch die Zementlieferungen per LKW», erklärt Hofstetter.

Überhaupt sei der Recycling-Prozess insgesamt deutlich verbessert worden, so Hofstetter. «Durch den Elektroschmelzofen können wir Steinwolle deutlich effizienter und auch in grösserer Menge rezyklieren.» Zurückgebaute Steinwolle sollte nicht auf die Deponie oder in die Kehrichtverbrennungsanlage, sagt Hofstetter: «Steinwolle kann zu 100 Prozent rezykliert werden.»

Methodische Herausforderung wegen doppelter Stromgewichtung

Auch die Energieeffizienz konnte durch den neuen Ofen gesteigert werden: «Ungewichtet – also ohne Berücksichtigung der höheren Stromgewichtung in der Zielvereinbarungsmethodik mit Faktor 2 – ist der neue Ofen rund 15 bis 20 Prozent effizienter als der alte», erklärt Hofstetter. EnAW-Berater Nicolas Ettlin ordnet ein: «Insbesondere bei Hochtemperaturprozessen bleibt die Elektrifizierung nach aktuellem Stand der Technik eine der wenigen realistischen Optionen, um die CO₂-Emissionen substanziell zu senken. Gleichzeitig zeigt sich hier ein gewisser Zielkonflikt, der sich aus der heutigen Systematik der doppelten Stromgewichtung bei den Zielvereinbarungen mit dem Bund ergibt – gerade im Vergleich zu den Klimazielen, die eine weitgehende Dekarbonisierung verlangen.».

Bei der Ausarbeitung der neuen Zielvereinbarung mit dem Bund stand Flumroc deshalb vor einer methodischen Herausforderung: Wie lässt sich der neue Elektroschmelzofen, trotz seiner deutlich verbesserten CO₂-Bilanz, korrekt abbilden – insbesondere mit Blick auf die doppelte Stromgewichtung in der Effizienzbemessung? EnAW-Berater Nicolas Ettlin initiierte und begleitete deshalb den Dialog mit dem Bundesamt für Energie (BFE), um eine saubere methodische Lösung zu erarbeiten. «Für Flumroc war es entscheidend, eine klare methodische Ausgangslage für die neue Zielvereinbarung zu haben», erklärt Ettlin. «Gerade bei solchen komplexen Fällen ist es ein grosser Vorteil, wenn man als Unternehmen auf die Erfahrung und die etablierten Kontakte der EnAW zu den Behörden zählen kann», ergänzt Hofstetter. «Diese methodische Unterstützung im Austausch mit den Bundesämtern war für uns enorm wertvoll – und letztlich entscheidend, um eine tragfähige Lösung zu finden.» Flumroc konnte die neue Zielvereinbarung schliesslich unterzeichnen – ausgelegt auf weitere zehn Jahre.

Fassaden- und Dachsolaranlage beim Hauptgebäude

Auch wenn der Elektroschmelzofen alle anderen Massnahmen überragt, die Flumroc seit ihrer Zusammenarbeit mit der EnAW im Jahr 2006 unternommen hat – Flumroc hat noch viel mehr getan. Das Hauptgebäude beispielsweise verfügt nach der Totalsanierung über eine Fassaden- und Dachsolaranlage, die bis zu 120 MWh Strom jährlich liefert. Es ist Minergie-P-Eco und Minergie-A-Eco zertifiziert. Ettlin betitelt es als «Vorzeigeobjekt», das nun leider aber etwas im Schatten des Schmelzofens stünde.

Zu den weiteren Massnahmen gehören Anlage- und Beleuchtungsoptimierungen. Ab 2014 etwa wurden die Kupolofen 2 und 3 mit neuartigen Schamottesteinen ausgemauert, zudem wurde die Prozessüberwachung verbessert. Das führte zur Reduktion des jährlichen Koksverbrauchs pro Ofen um rund 300 Megawattstunden. Im selben Jahr wurde im Schrumpftunnel der Linie 3 eine zusätzliche Schleuse eingebaut. Dies reduzierte den Wärmeverlust; der Gasverbrauch konnte so um 150 Megawattstunden pro Jahr gesenkt werden. Und 2016 folgte eine Steuerungsanpassung im Härteofen der Linie 3. Damit konnte der Gasverbrauch um weitere rund 700 Megawattstunden pro Jahr gesenkt werden.

Finanzielle Beiträge durch EFFIZIENZ+-Programm

Viele der Massnahmen sind prozessbezogene Optimierungen – ein Bereich, in dem Flumroc über langjährige Erfahrung und tiefes Fachwissen intern und innerhalb der ROCKWOOL-Gruppe verfügt. In der Zusammenarbeit mit der EnAW lag der Fokus bei diesen Massnahmen deshalb auf der methodischen und regulatorischen Begleitung. «Für uns ist es enorm wertvoll, die EnAW als Partnerin an unserer Seite zu haben, wenn es darum geht, unsere Massnahmen sauber in die Zielvereinbarung zu integrieren und korrekt im Reporting abzubilden», erklärt Hofstetter. EnAW-Berater Nicolas Ettlin ergänzt: «Wir unterstützen bei solchen sehr spezifischen Prozessmassnahmen bei der Quantifizierung der Einsparungen, prüfen die Plausibilität der Berechnungen und helfen bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit. Gleichzeitig klären wir, was gemäss Methodik angerechnet werden darf.» So konnte sich Flumroc mit weiteren, freiwilligen Massnahmen unter anderem auch einen finanziellen Beitrag im Rahmen des EFFIZIENZ+-Programms sichern. «Bei komplexen Prozessen setzen wir zudem methodische Ansätze wie die Pinch-Analyse ein, um systematisch Einspar- und Wärmerückgewinnungspotenziale zu identifizieren», erklärt Ettlin. «Die Bewertung der Umsetzbarkeit erfolgt dabei immer im engen Dialog mit dem Unternehmen – gerade bei Eingriffen in Kernprozesse.»

Das Unternehmen hat auch Anstrengungen unternommen, um das Fernwärmenetz zu optimieren. «Aber als die Planung vom Elektroschmelzofen kam, mussten wir anderes zurückstellen», so Hofstetter. Es hat sich gelohnt, wie die bisherigen Zahlen gezeigt haben.

Mit der Inbetriebnahme seines Elektroschmelzofens hat Flumroc vor einem Jahr für viel Aufsehen gesorgt. Höhepunkt war der Besuch von Bundesrat Albert Rösti, der sich den Ofen zeigen liess. «Dass ein Unternehmen bereit ist, eine solch hohe Investition zu tätigen, ist schon vorbildlich», findet Ettlin. «Und sie ist ein Bekenntnis zum Standort Schweiz», ergänzt Hofstetter.

Permanent wird bei Flumroc Steinwolle produziert. (Bild: EnAW)

EnAW-Berater Nicolas Ettlin und Dominic Hofstetter, Verantwortlicher für Umwelt/Energie/Arbeitssicherheit bei Flumroc, vor dem Elektroschmelzofen. (Bild: EnAW)

Pieder Cadruvi, Leiter Betrieb und Mitglied der Geschäftsleitung bei Flumroc, im Gespräch mit EnAW-Berater Nicolas Ettlin. (Bild: EnAW)

Flumroc setzt in Sachen Energieeffizienz auch auf eine Fassadensolaranlage. (Bild: (EnAW)

EnAW-Berater Nicolas Ettlin, Pieder Cadruvi, Leiter Betrieb und Mitglied der Geschäftsleitung bei Flumroc, und Dominic Hofstetter, Verantwortlicher für Umwelt/Energie/Arbeitssicherheit bei Flumroc, vor dem Elektroschmelzofen. (Bild: EnAW)

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