Vertreter der Korea Energy Agency, des Sustainable Development Management Institute und des Korea Institute of Building Energy Technology waren am 17. Juli aus Südkorea nach Zürich gereist, um sich das Erfolgsmodell der EnAW erklären zu lassen. Die fünfköpfige Delegation aus Asien zeigten dabei grosses Interesse an der EnAW-Präsentation.
Jae-Dong Choi und Do-Hyun Kwon von der Korea Energy Agency (KEA), Sangmin Lee und Namjin Jeon vom Sustainable Development Management sowie JungHoon Cho vom Korea Institute of Building Energy Technology waren sichtlich angetan von den EnAW-Produkten. Sie stellten während der Präsentation wiederholt Fragen. Danach stellten sie ihrerseits die KEA vor, die dem südkoreanischen Ministerium für Handel, Industrie und Energie unterstellt ist und über 750 Mitarbeitende beschäftigt. Zudem erläuterten sie die südkoreanischen Bestimmungen zu Energieeffizienz und Emissionen. Schliesslich kamen sie auf die verschiedenen Aktivitäten der KEA zu sprechen, die unter anderem internationale Kooperationen umfassen.
Das Treffen zwischen der asiatischen Delegation und der EnAW war auf Initiative der KEA erfolgt.
03.07.2024
Die Plaston AG hat einen Weg gefunden, nicht verwerteten Kunststoff zumindest teilweise zu recyceln. Das Recycling ist nur eine von vielen Massnahmen, welche die Kunststoffproduzentin im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsstrategie ergriffen hat.
EnAW-Beraterin Veronika Wolff und Mario Semadeni von Plaston.
Aus dem Ausschussmaterial, das Veronika Wolff in der Hand hält, entsteht…
…ein Granulat, das später zu neuen Produkten zusammengefügt wird.
Die meisten haben ihn wohl schon mal gesehen, wenn auch unbewusst: den knallroten Werkzeugkoffer, den die Firma Hilti im Einsatz hat. Er ist das wichtigste Produkt der Plaston AG. Das Rheintaler Unternehmen fertigt Werkzeugkoffer aus Kunststoff und ist in diesem Segment global führend. Plaston beschäftigt rund 400 Mitarbeitende in der Schweiz, in Tschechien und in China.
Die Koffer sind leicht und trotzdem sehr robust. Deren Kofferschale wird schon jetzt gemahlen und für die Produktion neuer Koffer benutzt. Die Produktion verursacht aber auch Klumpen überzähligen Kunststoffs oder Kuchen, wie dieser in der Branche heisst. «Der Kuchen entsteht beim Anfahren der Maschinen», erklärt EnAW-Beraterin Veronika Wolff, die Plaston betreut.
Die Ausspritzkuchen, also überzähligen Kunststoffteile, wurden einst den Kehrichtverbrennungsanlagen als Brennstoff kostenlos zur Verfügung gestellt. Heute wird ein Teil davon recycelt. «Es handelt sich um 20 Tonnen pro Jahr», sagt Mario Semadeni, Nachhaltigkeitschef bei der Plaston AG. Insgesamt 18 Prozent aller eingesetzten Materialien ist Recycling-Kunststoff. Warum nicht mehr? «Weil es schwierig ist zu verarbeiten, da die Kuchen grosse Brocken sind und sich schlecht verkleinern lassen», erklärt Semadeni. Wolff fügt hinzu: «Der Ausguss ist ziemlich fest. Daher ist es recht schwierig, ihn als Granulat zurückzugewinnen.» Das Kuchen-Material ist eine von verschiedenen Quellen und wird erst seit wenigen Jahren verwendet. Nur die Kuchen roter und schwarzer Farbe werden heute recycelt. Die Kuchen anderer Farben werden in der Kehrrichtverbrennungsanlage verbrannt. Immerhin habe Plaston einen ersten Schritt gemacht, sagt Wolff. Semadeni ergänzt: «Wir müssen zum Glück jedes Jahr weniger rezyklieren, da die Gesamtmenge abnimmt.»
Plaston hat aber zahlreiche weitere Massnahmen ergriffen, um den ökologischen Fussabdruck zu verkleinern. Die erste war der Beitritt zur EnAW vor über zehn Jahren. Bis 2020 war die Teilnahme des Unternehmens aufgrund seines hohen Energieverbrauchs noch obligatorisch. «Seither machen wir aber freiwillig mit», sagt Semadeni. Warum? «Die Teilnahme hat einen grossen Nutzen fürs Unternehmen, nicht nur energetisch, sondern auch in Bezug auf die Kosten.»
Im Zuge ihrer EnAW-Teilnahme war Plaston zudem eine der ersten Firmen, die das EnAW-Produkt Ressourceneffizienz umgesetzt hat. Dieses geht noch tiefer bei jenen Themenbereichen, die für das Erreichen der Reduktionsziele relevant sind: elektrische Energie, thermische Energie, Maschinen, Rohstoffe, Recycling und vieles mehr. «Für jeden Themenbereich wurden Massnahmen definiert», so Semadeni. «Und jeder Massnahme wurde eine Priorität 1 bis 3 zugeordnet.» Mit den Bereichsleitern sei dann die Umsetzung geplant und in regelmässigen Abständen der Status überprüft worden.
Durch das Monitoring habe Plaston unvoreingenommenes Feedback von Experten in Bezug auf aktuelle Gegebenheiten und Prozesse erhalten, so Semadeni. «So konnten neue Ideen entstehen.» Zudem habe man das firmeninterne Wissen bezüglich Emissionen erweitern können. «Unter anderem lernten wir die CO2-Scopes vertieft kennen.» So seien der CO2-Report erstellt und die Umweltbelastungspunkte berechnet worden, und zwar für die Scopes 1 bis 3. «Mit Scope 3 ist der Fussabdruck vollständig. Er hat zudem den Hauptanteil vom CO2-Fussabdruck», sagt Semadeni. «Damit konnten wir die wirkungsvollsten Massnahmen identifizieren.» Und schliesslich habe das Monitoring die Basis für Folgeprojekte gelegt. «Ein Beispiel ist der Produkt-CO2-Fussabdruck», so Semadeni. Der Aufwand ist überschaubar: Sechs bis acht Monate nehme das Monitoring für ein KMU in Anspruch, so Semadeni.
Die Daten aus dem Monitoring dienen auch Synergien. «Ein Projekt umfasst den Produktlebenszyklus», erklärt Semadeni. «Die vorgelagerten und nachgelagerten Unternehmen sind involviert. So entsteht eine Kreislaufwirtschaft.» Dabei spielte EnAW-Beraterin Wolff eine wichtige Rolle. «Sie unterstützte uns mit Projektmanagement. Insbesondere bei der Modellerstellung half ihre Erfahrung», so Semadeni. «Wir verloren uns nicht in den Details. Wir konzentrierten uns auf das Wesentliche. Wir wussten stets, was zu tun war.»
Das ist auch heute noch so. «Wir haben eine Liste mit offenen Punkten, auf der über 100 Massnahmen stehen», sagt Semadeni. «Aktuell machen wir Bewusstseinskampagnen für Mitarbeitende.» Etwa in Bezug auf die Kellerräume. «Dort möchten wir die Beleuchtung auf LED mit Anwesenheitssensoren austauschen», so Semadeni. Schon umgesetzt hat Plaston den Ersatz des alten Trafos. «Das war eine hohe Investition», sagt der Nachhaltigkeitschef.
Noch auf der Liste steht das Nutzen der Abwärme von den 40 Spritzgussmaschinen, die Plaston vor Kurzem erworben hat. Deren Abwärme soll alle Werke beheizen. «Durch die effizienteren Maschinen haben wir allerdings auch weniger Abwärme zur Verfügung», erklärt Semadeni. Zudem würden damit schon die Produktionsgebäude beheizt. In zwei Jahren will Plaston zudem eine Photovoltaikanlage installieren lassen.
Zurück zum Recycling. Der Koffer besteht mit Ausnahme vom Scharnierstab aus ABS. Und auch der Scharnierstab ist aus Kunststoff. Der Koffer enthält keine Metallbestandteile. Dieser Koffer kann direkt geschreddert werden. «Wir wollen sichergehen, dass die rezyklierten Teile die erforderlichen Eigenschaften erfüllen», so Semadeni. «Das ist wegen den mechanischen Anforderungen nur teilweise der Fall bei den Verschlüssen, Scharnierstäben und Handgriffen. Sie können recycelt werden. Aber hier ist Recycling nur bedingt für die gleichen Komponenten möglich. Oder die Komponenten müssten robuster konstruiert werden, was wieder mehr Material benötigen würde.»
Für die Ausspritzkuchen jener Farben, die man bisher nicht rezyklieren könne, habe man noch keine Lösung, so Semadeni. Aber: «Es wäre für mich natürlich denkbar, das Recycling auch auf andere Farben auszudehnen. Man kann ja jeden Kunststoff schwarz färben.»
V-ZUG hat Grosses vor: Das Schweizer Unternehmen will seinen Produktionsstandort in Zug transformieren. Mit diesem Schritt sollen die Produktionskapazität erhöht, aber auch der Energieverbrauch und die CO2-Emissionen gesenkt werden.
V-ZUG stellt unter anderem Backöfen her.
Blick in einen der Brennöfen von V-ZUG.
Auf seinem Areal in Zug hat V-ZUG gleich mehrere Gebäude bauen lassen bzw. lässt diese bauen. Auf rund der Hälfte seiner heutigen Fläche wird das Unternehmen künftig die doppelte Produktionskapazität erreichen. Die Neubauten sind Teil einer Transformationsstrategie, die V-ZUG schon vor rund neun Jahren beschloss und ein wichtiger Teil des neu entstehenden Tech Cluster Zug ist. Dieser soll nicht nur die Produktion des Schweizer Traditionsunternehmens modernisieren, sondern auch zusätzliche Industriebetriebe und weitere Unternehmen auf dem Areal integrieren. Dadurch soll ein vernetztes städtisches Ökosystem für Innovation, Produktion und Ausbildung entstehen. Sämtliche Gebäude, die V-ZUG nutzen wird, sollen im Jahr 2026/2027 bezugsbereit sein.
Bereits fertiggestellt bezogen ist der Neubau «Zephyr Hangar», das neue Produktionsgebäude für die Fertigung und Montage von Haushaltsgeräten wie zum Beispiel Waschmaschinen und Backöfen. Insgesamt 1500 m3 Schweizer Holz hat V-ZUG für den Bau verwendet. Doch nicht nur bei den Baumaterialien zielt «Zephyr Hangar» auf Nachhaltigkeit ab. Innerhalb des Gebäudes kommt beispielsweise ein Warmwasserwärmetauscher zum Einsatz. Dieser nutzt unter anderem einen Teil der Abwärme aus dem Emailofen, der auf rund 850 Grad Celsius erhitzt wird.
Ebenfalls fertiggestellt, aber noch nicht bezogen, ist «Zephyr Ost». Dieses Gebäude erstreckt sich über fünf Etagen und basiert auf 4200 Kubikmetern Recyclingbeton, der zusätzlich mit CO2 angereichert ist. Dieser Beton, so heisst es, spare gegenüber herkömmlichem Beton rund 71 Tonnen CO2 ein. Ein optimiertes Tragwerksystem mit Pilzdecken und Hohlkörpereinlagen sorgt dafür, dass die Decken leichter sind und weniger Beton verbraucht wird – und damit auch weniger CO2. Bislang ist «Zephyr Ost» den Angaben zufolge das grösste Bauprojekt mit klimafreundlicherem Beton.
Sowohl «Zephyr Ost» als auch «Zephyr Hangar» und der dritte Neubau im Bunde, «Zephyr West», sind bzw. werden an den so genannten Multi-Energy-Hub auf dem Gelände des Tech Clusters Zug gekoppelt. Dieser versorgt den Tech Cluster Zug schon heute mit Wärme, Kälte und erneuerbarem Strom. Dazu nutzt er neben der Abwärme der Industrieprozesse auch das See- und Grundwasser, also lokal vorhandene, erneuerbare Energie. Im Sommer wird die Prozesswärme im Grundwasser gespeichert. Im Winter wird sie zum Heizen wieder entzogen. Für Tobias Frei, Projektleiter für den Multi Energy Hub im Tech Cluster Zug, ist der Hub nichts weniger als ein «Leuchtturmprojekt»: «Eine Arealentwicklung mit einer ganzheitlichen Energielösung in dieser Grössenordnung ist meines Wissens in der Schweiz einmalig.»
Bis alle Neubauten fertiggestellt und komplett in Betrieb sind, fährt V-ZUG aber noch zweigleisig. Denn parallel zu den Anlagen in den neuen Gebäuden, die Schritt für Schritt in Betrieb genommen werden, läuft die Produktion in den bestehenden weiter. Deshalb verbraucht V-ZUG trotz der effizienteren neuen Anlagen momentan noch mehr Energie. «Wir haben beispielsweise bei der Emailanlage einen Doppelbetrieb», sagt Marcel Niederberger, Leiter Nachhaltigkeit bei V-ZUG. Hinzu kommt, dass jene alte Gebäude, die V-ZUG für den reibungslosen Produktionsablauf noch nutzen muss, eine deutlich schlechtere Energiebilanz haben als die entstehenden Neubauten. Immerhin wird die neue Energieversorgung das betriebliche Wachstum vom ökologischen Fussabdruck unabhängig machen. So soll der Energieverbrauch bis 2033 wachstumsbedingt um 60 Prozent steigen, der ökologische Fussabdruck sich aber um 27 Prozent verringern.
Vorläufig muss V-ZUG auch noch auf Erdgas zurückgreifen. Künftig soll dieses jedoch durch Wasserstoff ersetzt werden. Dazu hat das Unternehmen ein Pilotprojekt mit der Empa gestartet: Es will auf seinem Gelände eine Methanpyrolyseanlage installieren. Den Wasserstoff will V-ZUG für die Industrieprozesse nutzen. Allenfalls könnte er aber auch für die Fahrzeugflotte eingesetzt werden. Zurzeit setzt V-ZUG beim Ersatz von Fahrzeugen auf rein elektrische Alternativen. Insgesamt sollten die CO2-Emissionen der V-ZUG (Scope 1 und 2) im Vergleich zu 2020 bis 2030 um 80 Prozent sinken. Den grössten Hebel sehen die Verantwortlichen jedoch bei den Geräten und deren Betrieb. Hier könne mit der Langlebigkeit und Reparierbarkeit der Materialien schon viel erreicht werden, heisst es. Auch die Energieeffizienz der Geräte soll laut V-ZUG weiterhin verbessert werden. Zudem soll der Umweltfussabdruck kontinuierlich sinken. Und dies auch mit Hilfe der Gerätenutzerinnen und -nutzer, etwa beim Entscheid, welche Programme gestartet werden oder wie die Restwärme beim Backofen genutzt wird.
Aber auch bei den noch bestehenden Gebäuden wurde immer wieder in die Energieeffizienz investiert. Zum Beispiel wurde ein Teil der Leuchtmittel auf LED umgestellt oder die Raumtemperatur, etwa im Serverraum, angepasst. Zudem nutzen sie die Abwärme der Druckluftzentrale. Massnahmen, die V-ZUG mit Unterstützung der Energie-Agentur der Wirtschaft umgesetzt hat. «Wir haben von der EnAW professionelle Unterstützung bekommen», sagt Niederberger.
In den letzten wie auch noch in den kommen Jahren investiert V-ZUG jährlich ca. 50 Millionen Franken in die Transformation, insbesondere in Produktionsanlagen und Bauten. Bis die Transformation und somit Investition in «Swiss Made» im Jahr 2026/2027 vorerst abgeschlossen ist, dürften die Investitionen mehrere hundert Millionen Franken betragen.
Weitere Infos
03.07.2024
80 Prozent weniger CO2-Emissionen
bis 2030 (gegenüber 2020)
ca. 50 Millionen Franken Investitionen
pro Jahr in die Transformation
Um die Materialkomponenten und Energieflüsse im Betrieb zu erfassen, hat Bruker BioSpin gemeinsam mit der EnAW den Standort in Fällanden unter die Lupe genommen. Eine Sisyphusarbeit, die sich lohnt und zu konkreten Massnahmen führt.
Kupfer, Helium, Chromstahl oder Niob-Titan-Supraleiterdrähte. Auch wenn die Magnete, die Bruker in Fällanden herstellt, tendenziell immer kleiner werden, so steckt in ihnen doch eine ganze Menge Material. «Allein der Draht, der bei einem kleinen Magneten aufgewickelt wird, ist zwischen fünf und zehn Kilometer lang», erklärt Didier Bitschnau, der seit 2018 als Projektleiter Facility Management bei Bruker BioSpin in Fällanden arbeitet. Bei einem grossen Magneten kann die Spule aus bis zu 100 Kilometern Draht bestehen. In enger Zusammenarbeit mit Almut Sanchen, Projektleiterin Ressourceneffizienz bei der EnAW, haben Bitschnau und sein Team alle Komponenten des Magnetsystems erfasst und auf die Waage gelegt. «Das war teilweise eine echte Sisyphusarbeit», sagt Bitschnau. Aber sie hat sich gelohnt, denn: «Was vor ein paar Monaten noch ein blinder Fleck war, ist heute systematisch erfasst.»
Schon beim ersten Treffen im April 2022 gingen die beiden Projektleiter Didier Bitschnau und Pascal Marcher zusammen mit den EnAW-Projektleitern Almut Sanchen und Thomas Bürki mit offenen Augen durch den Betrieb. «Für mich war es sehr wichtig, das Magnetsystem im Querschnitt zu sehen. So konnte ich verstehen, was wie eingebaut ist und wie es funktioniert. Je mehr wir ins Innere eines Magneten schauen, desto genauer können wir auch die Materialien erfassen», sagt Sanchen. «Bis wir alle Stoff- und Energieströme erfasst hatten, war ich mehrmals in Fällanden», erinnert sie sich. Dabei sei gerade die fachliche Kompetenz von Sanchen unverzichtbar gewesen im Prozess: «Almut Sanchen war immer vor Ort, hat uns tatkräftig bei der Erfassung unterstützt und konnte unsere Fragen so beantworten, dass wir sie auch verstanden haben», sagt Bitschnau über die Zusammenarbeit. «Das ist unglaublich wertvoll.»
Heute verfügt Bruker BioSpin über eine detaillierte Analyse aller Materialkomponenten und ihrer Umweltauswirkungen. Dabei fliesst vom eingekauften Material zwar über 700 Kilogramm Material-Input ins Magnetsystem, die grösste Umweltauswirkung findet sich aber in der Elektronik. «Den grössten ökologischen Fussabdruck haben die Rechner der Magnetsysteme, weil hier die verwendeten Materialien stark ins Gewicht fallen, auch wenn sie mengenmässig weniger sind», erklärt Sanchen, die dieses Ergebnis in diesem Ausmass nicht erwartet hätte. Auch Bitschnau und Marcher sind überrascht: «Wir haben erwartet, dass wir im Facility Management mehr erreichen können», sagt Marcher. Doch die Auswertung zeigt, dass die meiste Umweltbelastung mit dem Material eingekauft wird. Dabei sind diejenigen Materialien, die einen wesentlichen Anteil an den Umweltauswirkungen ausmachen, meist auch die teuersten. «Das zeigt, dass wir Kreisläufe schliessen müssen», so Marcher. So zum Beispiel beim Helium: «Helium ist ein schwieriger Stoff, weil es ein Abfallprodukt ist», erklärt Bitschnau. Hier ist Bruker bereits dabei, die Kreisläufe so gut wie möglich zu schliessen. «Wir versuchen immer mehr, das Helium zurückzugewinnen und in Richtung Kreislaufwirtschaft zu gehen. Das ist ein wesentlicher Grund, warum wir uns für das Ressourceneffizienzprojekt entschieden haben», ergänzt der Projektleiter. Aber auch andere Materialien müssen unter die Lupe genommen werden. Hier ist die Dokumentation der EnAW Gold wert: «Mögliche Materialumstellungen werden nun in den zuständigen Abteilungen aufgenommen und diskutiert», sagt Marcher. Das zeigt, dass die systematische Erfassung der Materialien Potenzial für neue Massnahmen eröffnet.
Apropos Massnahmen: Basierend auf der detaillierten Analyse und systematischen Erfassung aller Materialien hat Bruker BioSpin gemeinsam mit Almut Sanchen konkrete Massnahmen erarbeitet. Eine zentrale Massnahme betrifft den Einkauf der Materialien: «Hier kann Bruker den Recyclinganteil in Ausgangsstoffen erhöhen und grosses Potenzial ausschöpfen», sagt Sanchen. Aber auch die Analyse und Anpassung des Mobilitätsmanagement der Mitarbeitenden sowie stetige Betriebsoptimierungen, weitere Fotovoltaikanlagen oder die Erhöhung des Rückgewinnungsanteils von Helium durch Prozessoptimierungen stehen auf der Massnahmenliste. Aktuell wird das Design der Magnetsysteme und Steueranlagen unter die Lupe genommen, wo ein grosses Potenzial für die Reduktion des Umweltfussabdruckes liegt. Materialeinsparungen wirken sich ausserdem positiv auf die Kosten aus.
Für Bitschnau, Marcher und Laffely ist klar: «Das ist erst der Anfang». In einem nächsten Schritt sollen nun die Massnahmen umgesetzt, konkrete Teamverantwortlichkeiten definiert und die weitere Datenerfassung verbessert werden. «Mit dem Projekt haben wir den Umweltfussabdruck von Bruker in Fällanden ermittelt, Potenziale identifiziert und eine Massnahmenliste erstellt und damit die Grundlage geschaffen, Ressourceneffizienz systematisch zu verbessern», konkludiert Sanchen. Zudem ist die EnAW an der Entwicklung einer Datenplattform, um die Erfassung und den Zugriff auf die Daten zu vereinfachen. «Das entspricht auch unserem Wunsch», sind sich Marcher und Bitschnau einig. Denn wichtig sei, dass künftige Daten einfach gesammelt und verwaltet werden können und zugänglich für alle sind. Denn feststeht: «Wir wollen die Ressourceneffizienz zusammen mit der EnAW weiterziehen, sowohl hier in Fällanden als auch an anderen Standorten», sagt Bitschnau.
03.07.2024
>700 kg
Materialinput im Magnetsystem
94.4 %
des eingekauften Materials geht ins Produkt.
15.5 %
des eingekauften Materials stammt aus Recycling.
34.8 %
der Abfälle gehen ins Recycling.
Die mehr als 8500 Mitarbeiter von Bruker an über 90 Standorten ermöglichen es Wissenschaftlern, bahnbrechende Entdeckungen zu machen und neue Anwendungen zu entwickeln, die die Qualität des menschlichen Lebens verbessern. Die Bruker BioSpin Gruppe ist weltweit führend in der Entwicklung und Herstellung von Instrumenten und zugehöriger Software, die auf der Magnetresonanztechnologie basieren, wie zum Beispiel Kernspinresonanz- (NMR) und elektronisch-paramagnetische Resonanzspektrometer (EPR) sowie präklinische Bildgebungssysteme.
Wie geht ein Unternehmen mit den heutigen Anforderungen an die Umweltverträglichkeit um? Tobias Gerfin, CEO der Kuhn Rikon AG, erklärt die Strategie seines Unternehmens.
Tobias Gerfin: Ein Familienunternehmen führt sich anders als eines, das viele Aktionäre hat. Ich habe sechs Aktionäre. Das macht es familiärer und dadurch einfacher, aber auch komplizierter. Man muss mit der Besitzerfamilie auskommen. Kuhn Rikon ist in dem Sinne aussergewöhnlich, weil die Familie sehr langfristig denkt und bescheiden ist. Es geht ihr darum, dass die Firma gesund ist, aber nicht um kurzfristige Gewinnoptimierung.
Tobias Gerfin: Im Jahr 2026 wird Kuhn Rikon 100 Jahre alt. Das bedeutet, dass langfristig gedacht werden muss. Das ist für mich als CEO ein Vorteil, denn nicht Quartalsergebnisse stehen im Fokus, sondern der langfristige Erfolg. Im Firmennamen steht «Rikon», das heisst, es ist auch ein klares Statement zum Standort. Das gibt uns eine Verantwortung, weil wir den Gebäuden Sorge tragen müssen. Ich finde, im Management eines Unternehmens sind Nachhaltigkeitsziele ein absolutes Muss und haben die gleiche Bedeutung wie der Gewinn.
Tobias Gerfin: Wir haben als Unternehmensleiter eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Wenn wir so weitermachen wie in den letzten 50 Jahren, gibt es in 50 Jahren ganz viele Dinge nicht mehr. Und ob die Menschheit dann noch eine Klimasituation hat, in der sie gut leben kann – dahinter mache ich zwei Fragezeichen.
Tobias Gerfin: Ein Unternehmen kann in Bezug auf Nachhaltigkeit nicht mehr kurzfristig denken.
Tobias Gerfin: In unserer Nachhaltigkeitsstrategie ist verankert, dass wir jedes Jahr eine Produktlinie lancieren, die im geschlossenen Kreislauf ist. Dieses Jahr ist es ein Käsefondue-Caquelon aus rezykliertem Aluminium mit einem Holzgriff. Die Materialwahl ist sehr herausfordernd, denn es gibt viele Materialien, die sich als «bio» oder «öko» bezeichnen. Wenn man dann genauer prüft, haben diese oft Bestandteile, die definitiv nicht ökologisch sind. Hier müssen die Entwicklungsabteilung und das Produktmanagement sehr genau hinschauen.
Für Kuhn Rikon ist es wichtig, eine Balance zwischen der Materialmenge, der Lebensdauer und der Qualität des gekochten Essens zu finden. Eine Bratpfanne mit einer zu dünnen Wandstärke speichert wenig Energie. Darum setzen wir auf hohe Wandstärken. Ausserdem leidet die Lebensdauer unter Materialeinsparungen. Das Problem kann dadurch gelöst werden, dass das gesamte Material in geschlossene Kreisläufe gebracht wird. Bei uns in der Schweiz funktioniert das gut.
Tobias Gerfin: Ein Netto-Null-Ziel muss nicht jedes Unternehmen haben. Aber wenn ein Unternehmen sagt, die ESG-Ziele oder SDGs der UNO interessierten es nicht, glaube ich nicht, dass es langfristig überleben kann.
Tobias Gerfin: Man braucht verschiedene Optionen und Kooperationen, da eine Firma das nicht allein machen kann. Natürlich kann jeder eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach installieren. Aber die CO2-Emissionen unseres Stromverbrauchs in Rikon betragen 500 Tonnen CO2, während wir gesamthaft über 20 000 Tonnen verursachen. Damit stellt sich die Frage: Welche Optionen gibt es, meinen gesamten CO2-Fussabdruck zu reduzieren, und mit wem kann ich zusammenarbeiten?
Tobias Gerfin: Ja. Aber auch die Berechnung der CO2-Emissionen ist eine Herausforderung, da interne und externe Systemgrenzen definiert werden müssen. Wir haben für unsere Analyse explizit die CO2-Emissionen während der Nutzungsphase ausgeklammert, weil wir nicht sagen können, wie jemand kocht. Diese Emissionen stellen jedoch vermutlich 95 Prozent aller Emissionen im gesamten Lebenszyklus einer Bratpfanne dar.
Tobias Gerfin: Ja, die Reduktionsziele jedes einzelnen Unternehmens bei der EnAW werden vom Bund offiziell geprüft und verfügt. Dadurch erhält die Kommunikation mehr Gewicht, verglichen mit vielen anderen Zertifikaten und Labels.
Tobias Gerfin: Wir haben im Jahr 2020 eine erste CO2-Bilanz für Scope 1, 2 und 3 erstellt. Die Klimaneutralität für Scope 1 und 2 könnten wir mit einem Fingerschnippen erreichen und an die grosse Glocke hängen. Das halten wir aber für unseriös, da Scope 1 und 2 nur gut zwei Prozent unseres CO2-Fussabdrucks entsprechen. Unser grösster Hebel ist das Metall Aluminium mit gut 30 Prozent unseres Fussabdrucks. In einem ersten Schritt wechseln wir von primärem auf rezykliertes Aluminium und reduzieren dabei die CO2-Emissionen um 95 Prozent. Bis Mitte 2024 werden wir unseren gesamten Aluminiumverbrauch inklusive der Produkte aus China auf rezykliertes Aluminium umgestellt haben. Dadurch können wir unsere Emissionen um etwa 28 Prozent senken. Das ist zwar ein grosser Schritt, aber er genügt noch nicht. Auch beim Stahl müssen wir schauen, dass wir einen möglichst hohen Anteil an Rezyklaten verwenden. Dann sinkt automatisch auch der Fussabdruck. Unser Ziel ist es, bis 2026 50 Prozent eliminiert zu haben. Den Rest wollen wir über Dekarbonisierung oder Removal entfernen und wenn möglich Offsetting vermeiden.
Tobias Gerfin: Wir sind ein Unternehmen, das etwas aus Metallen herstellt und das Material transportieren muss. Das heisst, solange es uns als Unternehmen gibt, werden wir CO2 verursachen. Wenn die Welt die Net-Zero-Ziele schaffen will, müssen wir ins Minus kommen. Und das bedeutet der Atmosphäre muss CO2 entzogen werden, also Removal. Es gibt keinen anderen Weg.
Tobias Gerfin: Nein. Das CO2 wird in einem Prozess erzeugt, aber in einem ganz anderen wieder entzogen. Der reine Verzicht dagegen ist für mich der falsche Ansatz, auch wenn sinnvoller Verzicht notwendig sein wird.
Tobias Gerfin: Wir haben Dreijahresverträge. Unsere Verträge liefen per 1. Januar 2023 aus. Im letzten Vertrag bezahlten wir noch 6 Rappen pro Kilowattstunde. Dann bekamen wir im Dezember 2021 ein Angebot von 11 Rappen. Wir wollten aber noch zuwarten. Im Januar 2022 waren es 13.4 Rappen. Schliesslich schlossen wir den neuen Vertrag zu 24 Rappen pro Kilowattstunde über drei Jahre ab. So gesehen sind wir voll von den hohen Energiepreisen betroffen. Die Alternativen sind für uns, andere Energiequellen anzuzapfen, zum Beispiel Photovoltaik auf dem Dach. Das sind allerdings grosse Investitionen, da unsere Dächer zuerst mit viel Geld saniert werden müssen. So grosse Investitionen kann eine normale Firma nicht aus der Portokasse bezahlen.
Vom weltweiten Umsatz der Kuhn Rikon AG produzieren wir ungefähr einen Drittel hier in Rikon. Der Stahl und das Aluminium kommen aus Europa, aber auch dort sind die Energiepreise massiv gestiegen. Eine der grössten Herausforderungen ist aber der Wechselkurs, da meiner Meinung nach der jetzige Euro-Franken-Kurs noch weiter abschwächen wird und die Industrie sich auf 90 Rappen vorbereiten sollte. Das ist zwar unangenehm. Aber es ist ein Druck, der auch fit hält.
Tobias Gerfin: Nicht viel anders. Kochen wird von Generation zu Generation übergeben. Wir haben also einen sehr langsamen Veränderungsprozess.
Tobias Gerfin: Sie kann. Wir haben beispielsweise mit V-Zug eine Kooperation zu einem Kochfeld mit einem Temperatursensor und einer App. Aber das ist noch eine Nische und es wird schwierig, die breite Masse dafür zu begeistern.
03.07.2024
Die Firma Kuhn Rikon wurde 1926 von Heinrich Kuhn gegründet, damals als Heinrich Kuhn Metallwarenfabrik. Der erste grosse Wurf des Unternehmens war ein Kochgeschirr, das aus Aluminium statt Kupfer oder Messing bestand und sich damit für Elektroherde eignete. Mit dem Dampfkochtopf DUROMATIC, der 1949 entstand, schaffte Kuhn Rikon auch international den Durchbruch. Heute sind weltweit 230 Mitarbeitende beim Unternehmen beschäftigt.
Wieso setzt Bruker BioSpin auf Ressourceneffizienz? Cédric Laffely, Mitglied der Geschäftsleitung von Bruker BioSpin, erklärt den Entscheid.