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Ressourceneffizienz bei Bruker BioSpin: Gemeinsam den Betrieb durchleuchten

Um die Materialkomponenten und Energieflüsse im Betrieb zu erfassen, hat Bruker BioSpin gemeinsam mit der EnAW den Standort in Fällanden unter die Lupe genommen. Eine Sisyphusarbeit, die sich lohnt und zu konkreten Massnahmen führt.

Kupfer, Helium, Chromstahl oder Niob-Titan-Supraleiterdrähte. Auch wenn die Magnete, die Bruker in Fällanden herstellt, tendenziell immer kleiner werden, so steckt in ihnen doch eine ganze Menge Material. «Allein der Draht, der bei einem kleinen Magneten aufgewickelt wird, ist zwischen fünf und zehn Kilometer lang», erklärt Didier Bitschnau, der seit 2018 als Projektleiter Facility Management bei Bruker BioSpin in Fällanden arbeitet. Bei einem grossen Magneten kann die Spule aus bis zu 100 Kilometern Draht bestehen. In enger Zusammenarbeit mit Almut Sanchen, Projektleiterin Ressourceneffizienz bei der EnAW, haben Bitschnau und sein Team alle Komponenten des Magnetsystems erfasst und auf die Waage gelegt. «Das war teilweise eine echte Sisyphusarbeit», sagt Bitschnau. Aber sie hat sich gelohnt, denn: «Was vor ein paar Monaten noch ein blinder Fleck war, ist heute systematisch erfasst.»

Enge Zusammenarbeit

Schon beim ersten Treffen im April 2022 gingen die beiden Projektleiter Didier Bitschnau und Pascal Marcher zusammen mit den EnAW-Projektleitern Almut Sanchen und Thomas Bürki mit offenen Augen durch den Betrieb. «Für mich war es sehr wichtig, das Magnetsystem im Querschnitt zu sehen. So konnte ich verstehen, was wie eingebaut ist und wie es funktioniert. Je mehr wir ins Innere eines Magneten schauen, desto genauer können wir auch die Materialien erfassen», sagt Sanchen. «Bis wir alle Stoff- und Energieströme erfasst hatten, war ich mehrmals in Fällanden», erinnert sie sich. Dabei sei gerade die fachliche Kompetenz von Sanchen unverzichtbar gewesen im Prozess: «Almut Sanchen war immer vor Ort, hat uns tatkräftig bei der Erfassung unterstützt und konnte unsere Fragen so beantworten, dass wir sie auch verstanden haben», sagt Bitschnau über die Zusammenarbeit. «Das ist unglaublich wertvoll.»

Überraschende Ergebnisse

Heute verfügt Bruker BioSpin über eine detaillierte Analyse aller Materialkomponenten und ihrer Umweltauswirkungen. Dabei fliesst vom eingekauften Material zwar über 700 Kilogramm Material-Input ins Magnetsystem, die grösste Umweltauswirkung findet sich aber in der Elektronik. «Den grössten ökologischen Fussabdruck haben die Rechner der Magnetsysteme, weil hier die verwendeten Materialien stark ins Gewicht fallen, auch wenn sie mengenmässig weniger sind», erklärt Sanchen, die dieses Ergebnis in diesem Ausmass nicht erwartet hätte. Auch Bitschnau und Marcher sind überrascht: «Wir haben erwartet, dass wir im Facility Management mehr erreichen können», sagt Marcher. Doch die Auswertung zeigt, dass die meiste Umweltbelastung mit dem Material eingekauft wird. Dabei sind diejenigen Materialien, die einen wesentlichen Anteil an den Umweltauswirkungen ausmachen, meist auch die teuersten. «Das zeigt, dass wir Kreisläufe schliessen müssen», so Marcher. So zum Beispiel beim Helium: «Helium ist ein schwieriger Stoff, weil es ein Abfallprodukt ist», erklärt Bitschnau. Hier ist Bruker bereits dabei, die Kreisläufe so gut wie möglich zu schliessen. «Wir versuchen immer mehr, das Helium zurückzugewinnen und in Richtung Kreislaufwirtschaft zu gehen. Das ist ein wesentlicher Grund, warum wir uns für das Ressourceneffizienzprojekt entschieden haben», ergänzt der Projektleiter. Aber auch andere Materialien müssen unter die Lupe genommen werden. Hier ist die Dokumentation der EnAW Gold wert: «Mögliche Materialumstellungen werden nun in den zuständigen Abteilungen aufgenommen und diskutiert», sagt Marcher. Das zeigt, dass die systematische Erfassung der Materialien Potenzial für neue Massnahmen eröffnet.

Konkrete Daten, praktische Massnahmen

Apropos Massnahmen: Basierend auf der detaillierten Analyse und systematischen Erfassung aller Materialien hat Bruker BioSpin gemeinsam mit Almut Sanchen konkrete Massnahmen erarbeitet. Eine zentrale Massnahme betrifft den Einkauf der Materialien: «Hier kann Bruker den Recyclinganteil in Ausgangsstoffen erhöhen und grosses Potenzial ausschöpfen», sagt Sanchen. Aber auch die Analyse und Anpassung des Mobilitätsmanagement der Mitarbeitenden sowie stetige Betriebsoptimierungen, weitere Fotovoltaikanlagen oder die Erhöhung des Rückgewinnungsanteils von Helium durch Prozessoptimierungen stehen auf der Massnahmenliste. Aktuell wird das Design der Magnetsysteme und Steueranlagen unter die Lupe genommen, wo ein grosses Potenzial für die Reduktion des Umweltfussabdruckes liegt. Materialeinsparungen wirken sich ausserdem positiv auf die Kosten aus.

Gemeinsam weitermachen

Für Bitschnau, Marcher und Laffely ist klar: «Das ist erst der Anfang». In einem nächsten Schritt sollen nun die Massnahmen umgesetzt, konkrete Teamverantwortlichkeiten definiert und die weitere Datenerfassung verbessert werden. «Mit dem Projekt haben wir den Umweltfussabdruck von Bruker in Fällanden ermittelt, Potenziale identifiziert und eine Massnahmenliste erstellt und damit die Grundlage geschaffen, Ressourceneffizienz systematisch zu verbessern», konkludiert Sanchen. Zudem ist die EnAW an der Entwicklung einer Datenplattform, um die Erfassung und den Zugriff auf die Daten zu vereinfachen. «Das entspricht auch unserem Wunsch», sind sich Marcher und Bitschnau einig. Denn wichtig sei, dass künftige Daten einfach gesammelt und verwaltet werden können und zugänglich für alle sind. Denn feststeht: «Wir wollen die Ressourceneffizienz zusammen mit der EnAW weiterziehen, sowohl hier in Fällanden als auch an anderen Standorten», sagt Bitschnau.

WEITERE INFORMATIONEN

Wieso setzt Bruker BioSpin auf Ressourceneffizienz? Cédric Laffely, Mitglied der Geschäftsleitung von Bruker BioSpin, erklärt den Entscheid.

Am 11. Swiss Green Economy Symposium in Winterthur wird die EnAW beim Thema Kreislaufwirtschaft mit dabei sein.

Das Swiss Green Economy Symposium ist die umfassendste Konferenz zu Wirtschaft und Nachhaltigkeit in der Schweiz.

Am 6. und 7. September 2023 stehen Ihnen unsere Expertinnen zum Thema Ressourceneffizienz an einem der Informationsstände zur Verfügung. Zudem wird unsere Projektleiterin Ressourceneffizienz, Almut Sanchen, an einem der Innovationsforen referieren. Verpassen Sie also nicht, sich für das «Innovationsforum IF.17» am 7. September 2023 anzumelden.

Weitere Informationen

Das Thema Ressourceneffizienz hat bei der Bruker BioSpin eine geradezu magnetische Anziehungskraft. Denn Ressourcen zu schonen ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch unternehmerisch sinnvoll. Gemeinsam mit der EnAW geht der Magnethersteller am Standort Fällanden deshalb den ersten Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft. 

Fast unscheinbar wirken die Magnetsysteme, die die Bruker BioSpin am Standort in Fällanden massgeschneidert für Kunden in der Wissenschaft und Forschung herstellt. Sie sehen aus wie ein Hochsilo im Kleinformat. Was zählt, sind die inneren Werte – und die sollen zum Vorschein kommen. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn der Hersteller von wissenschaftlichen Instrumenten, hat sich gemeinsam mit der EnAW zum Ziel gesetzt, die Ressourceneffizienz im Betrieb voranzutreiben. Dazu müssen auch alle Komponenten der Magnetsysteme auf den Prüfstand. 

Feuer und Flamme für die Ressourceneffizienz

Angefangen hat alles mit einer Idee von Didier Bitschnau, dem Projektleiter Facility Management bei Bruker. «Energiesparen und nachhaltiges Wirtschaften gehören zur Unternehmensphilosophie von Bruker», erzählt Bitschnau. Seit mehr als zwölf Jahren arbeitet er bei Bruker und kennt den Betrieb so gut wie seine Westentasche. Trotzdem ist die genaue Materialzusammensetzung und damit der Umweltfussabdruck der Magnetsysteme für den Projektleiter heute noch eine Blackbox. Zwar gab es immer wieder Bestrebungen, die Ressourcen zu minimieren und zu schonen, doch ein Gesamtkonzept fehlte bislang. «Als Almut Sanchen an einer EnAW-Gruppensitzung das Angebot Ressourceneffizienz vorstellte, war ich deshalb sofort überzeugt», erinnert sich Bitschnau. Er trug den Plan in sein Team und stiess auch dort sofort auf offene Ohren. «Didier war Feuer und Flamme für das Thema. Das hat uns angesteckt», ergänzt Pascal Marcher, Head of Facility Management, der zusammen mit Bitschnau das Projekt umsetzt. 

Strategische Vorteile

Die Motivation, die Ressourceneffizienz bei Bruker voranzutreiben, ist aber auch strategischer Natur. «Immer mehr Kunden wollen wissen, wie gross der Umweltfussabdruck unserer Magnetsysteme ist, wie viel CO2 in den Magneten steckt», erzählt Marcher. Diese Kundenanfragen will Bruker seriös beantworten können, schliesslich sind ein Grossteil der Kunden renommierte Forschungseinrichtungen wie die ETH Zürich, die Bruker-Magnete für Forschungszwecke einsetzt. «Da will man nicht einfach Pi mal Daumen rechnen, sondern exakte Daten liefern», fügt er hinzu. Zudem sind in den Magnetsystemen verschiedene Ressourcen verbaut, die endlich und derzeit schwer verfügbar sind, ergänzt Bitschnau. Geopolitik spielt auch eine zentrale Rolle bei der Beschaffung der ohnehin teuren Materialien. «Bestimmte Rohstoffe bekommen wir wegen des Krieges in der Ukraine derzeit nicht», sagt Marcher. Nicht zuletzt deshalb ist der Weg zur Ressourceneffizienz auch betriebswirtschaftlich relevant. «Als Unternehmen sind wir natürlich auch daran interessiert, Kosten zu sparen. Hier bietet die Ressourceneffizienz ein grosses Potenzial», so Bitschnau. Aber auch klimapolitische Vereinbarungen und Ziele schwingen im Hintergrund mit: «Es werden weitere Vorgaben kommen, auch im Bereich der Ressourceneffizienz», ist Bitschnau überzeugt. Da sei es natürlich ein Ansporn, diesen Vorgaben einen Schritt voraus zu sein und der Politik zu zeigen: «Schaut her, wir werden immer besser». 

Langfristige Nachhaltigkeit

Diese Vorteile sieht auch das Executive Management Team der Bruker BioSpin, die das Projekt überzeugt unterstützt. «Mein Lieblingsbeispiel hier ist, dass wir eine Ölheizung hatten und diese durch eine Wärmepumpe ersetzt haben. Dadurch sparen wir über 400 Tonnen CO2 pro Jahr. Genau so wird es auch bei der Ressourceneffizienz sein: Eine Anfangsinvestition, die sich langfristig auszahlt», sagt er. Dabei sind die Ziele klar definiert: «Den Ressourcenverbrauch des Unternehmens und über den Lebensweg der Produkte senken, Versorgungsengpässen und Umweltbelastungen entgegenwirken und den Übergang von der Linear- zur Kreislaufwirtschaft vollziehen», resümiert Almut Sanchen, Projektleiterin Ressourceneffizienz bei der EnAW. Als ersten Meilenstein wird Bruker nun die Hauptkomponenten seines mittelgrossen Magnetsystems erfassen. «Zusammen mit der EnAW und Almut Sanchen werden wir nun die Komponenten bis auf die letzte Schraube durchleuchten.» 

Bruker-Gebäude von aussen. (Bild: Sonja Heusinger)

Bruker-Logo. (Bild: Sonja Heusinger)

Interview mit Cédric Laurent Laffely

Mit Ressourceneffizienz ein Zeichen setzen

Herr Laffely, Sie sind Executive Management Mitglied der Bruker BioSpin. Welche Rolle spielt die Ressourceneffizienz am Standort in Fällanden?

Die Ressourceneffizienz wird immer wichtiger und hat bei uns einen immer grösseren Stellenwert. Wir haben uns für einen proaktiven Ansatz entschieden: Das heisst, Schritt für Schritt in die Themen einzutauchen und daraus zu lernen, Massnahmen zu ergreifen und zu implementieren und schlussendlich nicht nur darüber zu reden, sondern wirklich ein Zeichen zu setzen für alle.

Inwiefern ist Ressourceneffizienz auch ein strategischer Entscheid?

Energiesparen und nachhaltig Wirtschaften muss zwingend ein Teil der Führungskultur sein. Da gehört auch die Ressourceneffizienz dazu. Wer kontinuierlich investiert, kann die nötigen Massnahmen auch finanzieren.

Sie gehen das Thema Ressourceneffizienz in Zusammenarbeit mit der EnAW an und haben vor Kurzem erfolgreich die erste Projektphase abgeschlossen. Was wünschen Sie sich für die weitere Zusammenarbeit?

Von der Zusammenarbeit mit der EnAW erwarte ich, dass wir weiterhin auf der guten partnerschaftlichen Beziehung aufbauen können, dass wir voneinander lernen und vor allem dann die einzelnen Schritte und Elemente aus dem Massnahmenplan zielgerichtet umsetzen.

Cédric Laurent Laffely ist seit 2020 Vice President Group Excellence & Transformation bei Bruker BioSpin.  

Ressourceneffizienz

Sie wollen die Weichen in Richtung Kreislaufwirtschaft stellen? Mit unserem Beratungsangebot «Ressourceneffizienz» unterstützen wir Sie dabei.

Die thyssenkrupp Presta AG hat gemeinsam mit der EnAW sämtliche Material- und Energieflüsse im Produktionswerk in Eschen erfasst. Das Pilotprojekt legt den Grundstein für mehr Ressourceneffizienz in der Produktionskette des Automobilzulieferers.

Koordinator: Für Florian Jochum, Koordinator Umwelt & Energie, bietet die Kreislaufwirtschaft auch einen Marktvorteil.

Abfallprodukt: Eisenschrott entsteht bei der Zerspanung und wird recycelt.

Rohmaterial: Die Stahlringe werden durch Pressen und Stanzen in Form gebracht.

Summende Gabelstapler transportieren mannshohe Stahlringe von der Anlieferung zum Strahlen. LKWs werden mit fertigen Produkten beladen und ein dumpfes Schlaggeräusch schallt von den Produktionshallen herüber. Am frühen Montagmorgen herrscht reges Treiben am Produktionsstandort von thyssenkrupp Presta im liechtensteinischen Eschen. Pro Jahr werden hier 40 000 Tonnen Stahl zu Komponenten für die Automobilindustrie verarbeitet sowie Lenkungen montiert. Dabei ist die Massivumformung der energieintensivste Teil der Produktion, danach folgt der Montagebereich und das Testing. Höchste Präzision ist also nicht nur in der Produktherstellung, sondern auch im Energie-Management gefragt.

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Anspruchsvolle Kundenanfragen

Deshalb setzt der internationale Automobilzulieferant mit Hauptsitz in Eschen seit Jahren auf mehr Energieeffizienz. Seit 2003 ist thyssenkrupp Presta ISO 14001, seit 2016 ISO 50001 Energie-Management zertifiziert. Seit 2013 nimmt das Unternehmen am Energie-Modell der EnAW teil. Dass Umweltthemen auch die Kunden beschäftigen, spüren am Standort in Eschen alle, die sich mit dem Umwelt- und Energiemanagement befassen. Einer ist Florian Jochum. Als der Umweltbetriebsökonom vor gut drei Jahren als Koordinator Energie & Umwelt bei thyssenkrupp Presta in die Hosen stieg, war sein Postfach mit Kundenanfragen und -anforderungen noch weitgehend leer. Inzwischen ist es voll. Wie viel Kilogramm CO2 steckt in einer Lenksäule? Wie hoch ist der Recyclinganteil? Welche Rohstoffe sind im Bauteil? Fragen über den ökologischen Fussabdruck häufen sich. «Es ist wichtig und gut, dass sich immer mehr Unternehmen fragen, welche Auswirkungen ihre Vorgaben bzw. Entscheidungen auf die Umweltleistungen unserer Produkte haben», bekräftigt Jochum. Die gewachsenen Kundenanforderungen sind aber auch eine Herausforderung. Um sie zu erfüllen, müssen konkrete Kennzahlen über den Umweltfussabdruck der Produkte berichtet und Massnahmen zur Verbesserung der Ressourceneffizienz erkannt werden. Das erfordert Detektivarbeit. Gemeinsam mit der EnAW-Beraterin Almut Sanchen zückte thyssenkrupp Presta im Pilotprojekt zur Ressourceneffizienz deshalb die Lupe.

Umfassender Scan

«Wir können nur managen, was wir messen», sagt Sanchen. In einem ersten Schritt auf dem Weg zur Ressourceneffizienz werden deshalb die wichtigsten Materialien und Prozesse erfasst sowie eine Input-Output-Analyse erstellt. Wichtig ist, dass das Unternehmen dabei mit einer Grobanalyse beginnt und nicht direkt den Anspruch hat, alles bis ins kleinste Detail zu erheben: «In der Analysephase röntgen wir den Betrieb nach bestem Wissen und Gewissen», erklärt sie und vergleicht es mit einem modernen Body-Scan-Gerät an einem Flughafen. «Dort, wo etwas nicht stimmt, leuchtet es rot auf.» Genau einem solchen Umweltscan hat sich thyssenkrupp Presta AG in Eschen unterzogen. In enger Zusammenarbeit durchleuchteten der Umweltkoordinator und die EnAWProjektleiterin den gesamten Betrieb. «Die Daten waren bei uns eigentlich schon alle vorhanden», erzählt Jochum. Die Schwierigkeit jedoch war, diese zu verifizieren und zu plausibilisieren. Dafür mussten Jochum und Sanchen teils tief graben und eng mit anderen Abteilungen zusammenarbeiten. Dank der Unterstützung und Expertise von Sanchen konnte aber auch dieses Puzzle gelöst und die letzten Prozentzahlen ermittelt werden.

«Die wertvollste Erkenntnis ist der Blick auf das grosse Ganze.»

Florian Jochum, Koordinator Energie & Umwelt, thyssenkrupp Presta AG

Umweltfussabdruck

Das Resultat: In nur knapp einem Jahr konnten für das Produktionswerk in Eschen die Energie- und vor allem Stoffflüsse erheblich verfeinert werden. «Unser Umweltfussabdruck bekam deutlich mehr Tiefe und es wurden Massnahmen und Ziele zur Verbesserung der Umweltleistung festgelegt», so Jochum. Auch sehr wichtig: Mit dem Scan wurde eine fundierte Ausgangsbasis für das künftige Monitoring geschaffen. «Der aus der Analyse resultierende Bericht ist für uns schlichtweg genial», fasst er zusammen. Mit dem Bericht hat er nun ein Arbeitsdokument auf dem Tisch, das nach dem Standard der Global Reporting Initiative (GRI) den Umweltfussabdruck der Firma enthält. Ein Blick darauf zeigt: Der Stahleinkauf, die Zukaufteile und die Elektrizität haben den grössten Einfluss auf das Global Warming Potential des Unternehmens. Auf den Umweltfussabdruck des Produkts betrachtet, machen die innerhalb der Werksgrenze entstehenden Treibhausgasemissionen lediglich 20 Prozent aus. Die hiesige Produktion verursacht also rein zahlenmässig nur einen kleinen Teil des Umweltfussabdrucks, obwohl bei der Massivumformung, dem Montagebereich und dem Testing grosse Energiemengen anfallen. Umso wichtiger ist es deshalb, die vor- und nachgelagerten Prozesse, die sogenannten Scope-3- Emissionen, zu messen und zu reduzieren. Aber auch die Umweltbilanz am Standort selbst soll verbessert werden. Nicht zuletzt, weil sich thyssenkrupp Presta das Ziel gesetzt hat, noch in diesem Jahrzehnt die Treibhausgasemissionen am Standort in Eschen auf Netto-Null zu bringen.

Massnahmenvielfalt

Hier kommt die ebenfalls im Bericht aufgelistete Massnahmenliste ins Spiel. Sie enthält offensichtliche Massnahmen, wie beispielsweise die komplette Umstellung auf erneuerbaren Strom oder visionäre, wie der Ersatz von Erdgas durch Wasserstoff oder synthetisches Gas für die Wärmebehandlung der Stahlteile. «Almut Sanchen hat uns auch Massnahmen aufgezeigt, die wir gar nicht auf dem Schirm hatten», sagt Jochum. So zum Beispiel das EcoDesign. «Beim EcoDesign geht es darum, das Produkt so zu designen, dass der Umweltfussabdruck möglichst minimal ist», erklärt Sanchen. Sie weiss, dass hier noch eine Menge Potenzial schlummert. Die Massnahmenliste wird nun von Jochum und seinem Team verfeinert, mit Zahlen hinterlegt und ist dann das Arbeitsinstrument zur schrittweisen Planung und Umsetzung der Massnahmen. Zudem soll das Vorgehen auf alle Produktions- und Montagestandorte ausgeweitet werden. «Die wertvollste Erkenntnis für mich persönlich ist der Blick auf das grosse Ganze», konkludiert Jochum. So zeigt die Analyse, dass auch die Mobilität der 2500 Mitarbeitenden, die Essenswahl in der Kantine, die Logistik oder der Energieeinkauf in die Ökobilanz der Produkte reinspielt. «Genau das ist das Faszinierende und zugleich Herausfordernde an diesem Thema: Dass es eben ein extremes Querschnittsthema ist und alle Abteilungen tangiert», summiert er. Nimmt man die Kreislaufwirtschaft ernst, betrifft es den ganzen Betrieb.

Pragmatisches Vorgehen

Das zeigt: Das Thema Kreislaufwirtschaft ist wichtig. Jochum ist überzeugt, dass ein kreislaufwirtschaftlicher Umgang mit den Ressourcen auch ein Marktvorteil ist. Die EnAW trifft deshalb den Zeitgeist. Mit dem neuen Angebot Ressourceneffizienz entwickelt die EnAW ein pragmatisches und standardisiertes Vorgehen, das von der Analyse über die Zielbildung im Monitoring der Ressourcen mündet. «Unser Vorgehen zur Ressourceneffizienz soll für alle Unternehmen praktikabel sein», sagt Sanchen.

Weitere Informationen

Der Bundesrat will «Netto-Null» bis im Jahr 2050. Die politische Vorgabe bedeutet nicht weniger als eine CO2-neutrale Schweizer Wirtschaft. Um diese Herkulesaufgabe zu meistern, müssen Unternehmen ihre Prozesse auf Ressourceneffizienz trimmen. Die EnAW hilft bei der Umsetzung.

Der Kampf gegen den Klimawandel ist eine Überlebensfrage auch für die Wirtschaft. Ohne nachhaltige Geschäftsmodelle verlieren Unternehmen über kurz oder lang ihre Wettbewerbsfähigkeit. Das politisch gesetzte Netto-Null-Ziel verlangt nach einer strategischen Neuausrichtung. Dazu gehört ein glaubwürdiges Energie- und Ressourcenmanagement. Zwar sind Energieeffizienz, erneuerbare Energien und tiefere Treibhausgasemissionen heute in Industrie- und Dienstleistungsbetrieben als Thema gesetzt. Für eine ganzheitliche Betrachtung der Prozesse müssen aber zusätzlich Materialverbrauch und Stoffströme mit einbezogen werden.

Von der Linear- zur Kreislaufwirtschaft

In den letzten 50 Jahren hat sich der Einsatz an Primärrohstoffen wie Metallerzen, nichtmetallischen Mineralien, Biomasse und fossilen Brennstoffen global verdreifacht. Die Verknappung der Rohstoffe und Schwierigkeiten bei der Gewinnung erfordern ein Umdenken. Die traditionelle Linearwirtschaft muss in eine Kreislaufwirtschaft überführt werden. An die Stelle von Abfallbergen und Deponien tritt dabei eine Ökonomie, die den Rohstoffverbrauch mindert und Produkte am Ende ihrer Nutzungszeit konsequent der Wiederverwendung, dem Remanufacturing bzw. dem Recycling zuführt. Aktuell werden erst zehn Prozent der globalen Stoffflüsse im Kreislauf geführt. Die Vision der Kreislaufwirtschaft hat ein gewaltiges Potenzial.

Unternehmensfreundliche Lösungen

Vorausschauende Akteure wie Nestlé haben das Ziel der Kreislaufwirtschaft bereits in ihre Unternehmensphilosophie integriert. Verantwortungsbewusste Manager kommen damit potenziellen gesetzlichen «Vorschriften-Lösungen» alter Schule zuvor. Ein proaktives Vorgehen zur Realisierung unternehmensfreundlicher Lösungen ist ein Gebot der Stunde. Die EU-Kommission treibt die Kreislaufwirtschaft in ihrem «European Green Deal» voran. In der Schweiz lässt der Bundesrat gegenwärtig ein Massnahmenpaket zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft erarbeiten. Parallel will das Parlament aus eigener Initiative im Umweltschutzgesetz die Rahmenbedingungen für eine moderne, umweltschonende Kreislaufwirtschaft festschreiben. Die bewährten Branchenvereinbarungen und freiwillige Initiativen der Unternehmen sollen ausdrücklich gestärkt werden.

Die Vision der Kreislaufwirtschaft hat ein gewaltiges Potenzial.

Almut Sanchen, EnAW-Projektleiterin Ressourceneffizienz

Herausforderung Ressourceneffizienz

Will ein Unternehmen ressourceneffizient produzieren, muss es grosse Steine aus dem Weg räumen. Denn die Werkstoffe und Komponenten, die zu industriellen Gütern verarbeitet werden, haben oft eine globale Lieferkette durchlaufen. Damit gehen beträchtliche Stoffflüsse einher, die dem Endprodukt in der Regel nicht anzusehen sind. So steckt in einem typischen Personenwagen weit über eine Tonne an verschiedensten Materialien. Und das ist erst die halbe Wahrheit, denn die Herstellung des Autos hat im gesamten Produktionsprozess das 30-fache an Ressourcen gebraucht. Bei einem Laptop übersteigt der Ressourcenverbrauch das Eigengewicht sogar um das 70-fache, ein Grossteil in Form von Wasser.

Tiefere Kosten, gestärkte Reputation

Doch der Aufwand, den ein Unternehmen in die Umsetzung der Ressourceneffizienz steckt, zahlt sich aus. Materialeinsparungen und verringerte Abfallmengen reduzieren die Kosten. Ein vertieftes Verständnis der Stoffflüsse erlaubt kontinuierliche Prozess- und Produktverbesserungen. Das stärkt die Wettbewerbsfähigkeit und reduziert finanzielle Risiken durch verschärfte regulatorische Vorgaben, bei der Ressourcenbeschaffung oder der Altlastenbeseitigung. Die Verbesserung der Ökobilanz fördert die Akzeptanz der Produkte und stärkt die Reputation des Unternehmens bei Kundinnen und Kunden, ebenso wie bei den Mitarbeitenden und in der Öffentlichkeit.

EnAW: Die Umsetzungsparnterin

Die EnAW unterstützt Unternehmen auf ihrem Weg zu verbesserter Endenergie- und Materialeffizienz sowie der Reduktion von umwelt- und klimaschädlichen Wirkungen. Im Rahmen ihrer Dienstleistung stellt sie Unternehmen ein standardisiertes Vorgehen bereit (vgl. Grafik), das sich in der Vergangenheit bei der Erarbeitung von Zielvereinbarungen vielfach bewährt hat. In einem ersten Schritt werden Prozessabläufe untersucht, Energie- und Stoffströme abgebildet und hinsichtlich ihrer Wirkung auf Umwelt und Klima bewertet. Auf dieser Grundlage wird anschliessend das Verbesserungspotenzial aufgezeigt, zum Beispiel über die Reduktion von Abfällen, die Verwendung umweltfreundlicherer Materialien, optimierten Produktionsprozessen und modernen Formen des Recyclings. Am Ende steht ein Zielpfad, der ausweist, welche Reduktionen der Umwelt-/Klimabelastung das Unternehmen in den nächsten zehn Jahren realisieren will. In der Umsetzungsphase erfolgt ein regelmässiges Monitoring, das die erzielten Erfolge quantifiziert ausweist. Die EnAW verhilft damit zu einer kontinuierlichen Verbesserung der Ökobilanz, mit der sich das Unternehmen für die Welt bereit macht, in der die heutige Klimajugend künftig leben wird.


Über die Autorin

Dr.-Ing. Almut Sanchen entwickelt als Projektleiterin Ressourceneffizienz das neue EnAW-Angebot. Sie hat Biotechnologie studiert, in diesem Fach promoviert und ist seit 2012 als EnAW-Beraterin unterwegs.

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