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Verwaltung/Politik

BEWEGTE UND BEWEGENDE ENERGIEPOLITIK

20.11.2020

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Die Corona-Krise hat die Schweiz nicht davon abgehalten, sich den mittel- und langfristigen Herausforderungen der Klima- und Energiepolitik zu stellen. Das Parlament schuf mit dem neuen CO2-Gesetz einen gesetzlichen Rahmen, in dem Unternehmen und Haushalte den Ausstoss von Treibhausgasen wirksam vermindern können.

Die COVID-19-Pandemie lähmte das öffentliche Leben und brachte zeitweilig ganze Wirtschaftszweige zum Erliegen. Umsätze brachen ein, Kurzarbeit griff um sich. Die Volkswirtschaft schrumpfte und mit ihr – zumindest kurzfristig – die CO2-Emissionen. Ein Rückgang der Treibhausgase ist wünschbar, aber eine Rezession kann niemand herbeisehnen. Der Klimawandel lässt sich nur im Einklang mit der Wirtschaft und sozial ausgewogen eindämmen.

Die Madrider Klimakonferenz im Dezember 2019 brachte nicht die verbindlichen Beschlüsse, die manch einer erhofft hatte. Dann musste Corona-bedingt auch noch die im schottischen Glasgow geplante Klimakonferenz auf 2021 verschoben werden. Doch bei allen Rückschlägen und Verzögerungen: Das Pariser Klimaabkommen von 2015 entfaltet – befördert durch die Warnungen aus der Klimaforschung und die Proteste der Klimajugend – seine Wirkung. Den Temperaturanstieg auf unter zwei Prozent gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu senken, lautet die ambitionierte Vorgabe. Um dieses Ziel zu erreichen, so ein breiter Konsens, muss der Ausstoss von Treibhausgasen rigoros vermindert werden.

EU PROKLAMIERT DEN «GREEN DEAL»

Die Europäische Union hat im Dezember 2019 einen «Green Deal» ausgerufen und ihre Ziele zur Reduktion der Treibhausgasemissionen verschärft. Der Ausstoss der klimaschädlichen Gase soll bis im Jahr 2030 nicht um 40 Prozent gegenüber 1990 vermindert werden, sondern um 50 bis 55 Prozent. Die Staaten sind zum Handeln aufgerufen. Deutschland – um nur ein Beispiel zu nennen – hat ein Klimaschutzprogramm aufgelegt, das ab 2021 die CO2-Bepreisung über die Energiewirtschaft und Industrie hinaus erweitert. Der Preis von 25 Euro pro Tonne CO2 ist zwar vergleichsweise tief, erstreckt sich neben dem Gebäudebereich aber auch auf den Verkehrssektor. Deutschland steht nicht allein. Norwegen kennt eine CO2-Abgabe auf Treibstoffen schon länger. Schweden eilt der Ruf voraus, die höchste CO2-Abgabe überhaupt zu haben.

Die Massnahmen der einzelnen Staaten werden ergänzt durch das europaweite Emissionshandelssystem ETS. Industriebetriebe, fossile Kraftwerke und der Flugverkehr nehmen am Handel mit Verschmutzungsrechten teil. Je stärker deren Preis ansteigt, desto effektiver stärkt das marktwirtschaftliche Instrument den Klimaschutz. Seit diesem Jahr sind auch mehrere Dutzend Schweizer Grossunternehmen in das europäische Handelssystem eingebunden. Sie können seither am weit grösseren und liquideren Emissionsrechtemarkt der EUStaaten partizipieren.

Das CO2-Gesetz ist der jüngste Eckstein beim Umbau der Schweizer Energieversorgung.

BUNDESRAT SETZT «NETTO-NULL» ALS STRATEGISCHES ZIEL

In der Schweiz hat der Bundesrat bereits nach «Fukushima» 2011 die «Energiestrategie 2050» aufgelegt. Sie stärkt den Effizienzgedanken und fördert den Ersatz von fossilen Energieträgern durch erneuerbare Energien. Im Zuge der globalen Klimadebatte legte sich die Regierung auf ein verschärftes Emissionsziel bis Mitte des Jahrhunderts fest: Die Schweiz soll dann nicht mehr Treibhausgase in die Atmosphäre ausstossen, als natürliche und technische Speicher aufnehmen können. Als Meilenstein auf dem Weg zum Netto-Null-Ziel sollen die Treibhausgasemissionen im Jahr 2030 nur noch halb so gross sein wie 1990. Die Halbierung der Emissionen ist verbindlich, seit die eidgenössischen Räte 2017 das Pariser Übereinkommen ratifiziert haben.

Die Schweizer Politik arbeitet seit Jahren an einem griffigen Klimaschutz. Ein erster Anlauf zur Revision des CO2-Gesetzes war 2018 gescheitert, weil die im Parlament versammelten Parteien keine mehrheitsfähige Vorlage zustande brachten. Im September 2020 hat sich nun eine Allianz aus bürgerlichen und linken Kräften auf eine breit abgestützte Totalrevision des CO2-Gesetzes verständigt. Sofern die Vorlage nicht in der für Frühling 2021 erwarteten Referendumsabstimmung scheitert, dürfte das Gesetz 2022 in Kraft treten. Es definiert dann den politischen Rahmen, in dem Schweizer Unternehmen und Haushalte jeweils ihren Teil zu einem wirksamen Klimaschutz beitragen.

INSTRUMENT DER ZIELVEREINBARUNG AUSGEWEITET

Mit dem neuen CO2-Gesetz steigt der Abgabesatz pro Tonne auf bis zu 210 Franken und verstärkt den finanziellen Anreiz zur Reduktion von Treibhausgasen. Aus Sicht der Wirtschaft sticht das ambitionierte Inlandziel ins Auge: Mindestens 75 Prozent der bis 2030 angestrebten Einsparungen sollen in der Schweiz erzielt werden. Ein massgeblicher Beitrag wird von den Unternehmen erwartet. Neu sollen sich auch mittlere und kleinere Unternehmen von der CO2-Abgabe befreien lassen können, sofern sie eine Zielvereinbarung zur Reduktion des CO2-Ausstosses bzw. des Energieverbrauchs abschliessen. Damit ist die Grundlage geschaffen für eine noch deutlich breitere Nutzung der Zielvereinbarungen, die sich mittlerweile über zwei Jahrzehnte als klimapolitisches Instrument bewährt haben. Auch weitere Schlüsselelemente des CO2-Gesetzes sind für die Schweizer Volkswirtschaft Herausforderung und Chance zugleich. Flugticketabgabe und höhere Treibstoffkosten verteuern die Mobilität. Ferner sind Unternehmen auch direkt oder indirekt von strengeren Emisssionsgrenzwerten für Öl- und Gasheizungen und Neuwagen betroffen. Gleichzeitig erhalten sie die Chance, mittels Energiesparmassnahmen ihre Wertschöpfung zu steigern und sich am Markt als umweltbewusste Akteure zu positionieren. Die vom neuen Klimafonds vereinnahmten Mittel begünstigen Nachhaltigkeitsinvestitionen, die auch der Wirtschaft zugute kommen.

MARKTÖFFNUNG IM STROMSEKTOR

Das CO2-Gesetz ist der jüngste Eckstein beim Umbau der Schweizer Energieversorgung. Im Mai 2017 hatte der Souverän das revidierte Energiegesetz zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 gutgeheissen mit dem Ziel, den Energieverbrauch zu senken, die Energieeffizienz zu erhöhen und erneuerbare Energien zu fördern. Bereits ist eine neue Revision des Gesetzes aufgegleist, die unter anderem die Förderbeiträge für einheimische erneuerbare Energien wettbewerblicher gestalten will. Weitere Vorlagen sind in der politischen Pipeline, darunter die vollständige Marktöffnung im Stromsektor auch für KMU und Haushalte. Ebenfalls auf dem Weg ist eine Revision des Gasversorgungsgesetzes, das zu einer weiteren Öffnung des Gasmarktes in der Schweiz führen soll.

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