Übernächste Woche ist es wieder so weit: Das Energy Science Center (ESC), Kompetenzzentrum der ETH Zürich für Energieforschung und -bildung, organisiert seine jährliche Energiekonferenz Energy Week @ ETH.
Die Veranstaltung findet von Montag bis Freitag, 4. bis 8. Dezember, an der ETH Zürich und online statt. Es ist bereits die siebte Ausgabe der Energy Week. Sie bietet ein breites Spektrum an Aktivitäten: ein Symposium, Design-Thinking-Workshops für Studierende und Fokus-Dialoge. Zusätzlich ist sie in diesem Jahr auch eine Plattform für die Partnerveranstaltungen DemoUpCARMA Closing Event und Energy Data Summit.
Seit 2017 organisiert das Energy Science Center jährlich eine Energiekonferenz: Von 2017 bis 2019 war dies ein eintägiger Energy Day @ ETH, ab 2020 wurde die Veranstaltung vergrössert und ist nun die Energy Week @ ETH.
Wer an der diesjährigen Energy Week teilnehmen möchte: Bis 29. November kann man sich noch anmelden. Die Teilnahme ist kostenlos.
Rund 350 Personen waren an der 22. EnAW-Fachtagung dabei, die am 7. November in Bern stattfand. Im Mittelpunkt standen Technologien, die zu mehr Effizienz und zur Dekarbonisierung verhelfen, die Versorgungssicherheit – und ein Regenschirm.
«Die EnAW wird Sie nicht im Regen stehen lassen»: Mit diesen Worten wandte sich EnAW-Präsident Rudolf Minsch ans Publikum im Berner Kursaal und spannte dazu den neuen EnAW-Regenschirm auf. Ein Bild, das passender nicht hätte sein können, sehen sich die Unternehmen, die bei der EnAW mitmachen, doch mit allerlei Herausforderungen konfrontiert. «Eine der grossen Herausforderungen ist natürlich die Energiekrise», präzisierte Moderator Urs Gredig. Hinzu komme die Umwandlung der Wirtschaft in Bezug auf die Energiestrategie. Und auch die EnAW befindet sich herausfordernden Zeiten, wie Minsch ausführte. «Insbesondere das Regulatorische ist noch nicht ganz geklärt», sagte er. «Wir wissen noch nicht genau, wie es weitergeht.» Er machte aber auch klar, dass sich die EnAW trotz der Turbulenzen nicht von ihrem Weg abbringen lässt: «Wir sind überzeugt davon, dass es die EnAW mit ihren hochqualifizierten Beraterinnen und Beratern braucht, damit die Unternehmen möglichst wenig Bürokratie haben und gute Lösungen umsetzen können.»
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Gute Lösungen sind also gefragt. Und solche bekam das Publikum im Berner Kursaal denn auch präsentiert: Mirko Bothien, Schwerpunktleiter Erneuerbare Energien bei der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW), ist beispielsweise klar der Meinung, dass Wasserstoff eine wichtige Rolle spielen wird und eine Wasserstoffstrategie für die Schweiz unabdingbar ist. Patrick Fehlmann, Geschäftsleiter bei der DM Energieberatung AG und auch EnAW-Berater, erklärte wiederum, warum es wichtig ist, dass Unternehmen Motoren und Antriebe im täglichen Betrieb genauer unter die Lupe nehmen, was die Energieeffizienz anbelangt. Tobias Helbling, Head of Energy Consulting bei der ANYTHERM AG, legte in seinem Referat dar, wie Abwärme genutzt werden kann. Cordin Arpagaus, Senior Research Engineer an der Fachhochschule Ostschweiz (OST), zeigte, in welchen Bereichen Hochtemperatur-Wärmepumpen zur Anwendung kommen können. Und Jörg Jermann, Leiter Vertrieb & Service bei der Integrierte Wärme und Kraft AG (IWK), erläuterte die Vorteile der Wärmekraftkopplung.
Doch an der Fachtagung ging es nicht nur um rein technische Lösungen, sondern auch um Klimaschutzinitiativen wie etwa die Science Based Targets initiative (SBTi). Mit Holger Hoffmann-Riem, Projektleiter SBTi Go for Impact, und Philippe Goffin, Weisskopf Partner GmbH und Projektleiter SBTi bei der EnAW, erklärten gleich zwei Experten, wie Unternehmen von SBTi profitieren können. Und dann kam das Thema, das bei der letztjährigen Fachtagung im Zentrum gestanden hatte: die Sicherstellung der Energieversorgung im Winter. Dazu referierte Daniela Decurtins, Direktorin des Verbandes der Schweizerischen Gasindustrie (VSG). «Mein Puls war letztes Jahr etwas höher als heute», fasste sie die gegenwärtige Situation zusammen und zählte einige positive Signale auf, die derzeit gegen eine Mangellage sprechen. Aber komplett gebannt ist die Gefahr nach Decurtins’ Einschätzung nicht. Aus der angespannten Situation im vergangenen Jahr zog die VSG-Direktorin zudem eine wichtige Lehre: «Es ist nicht selbstverständlich, dass immer genügend Energie vorhanden ist.»
Bei Frank R. Ruepp aber schon. Der künftige EnAW-Geschäftsführer stellte sich im Anschluss an Decurtins’ Rede dem Publikum vor und hob dabei die Vorteile der EnAW hervor. Nach der obligaten Podiumsdiskussion erzählte dann der erfolgreiche Rennrollstuhlsportler Heinz Frei seine berührende Geschichte und verriet, wie er trotz seiner Querschnittslähmung den Glauben an sich selbst nicht verloren und dadurch unzählige Medaillen an den Paralympics gewonnen hatte.
Zum Abschluss holte Rudolf Minsch dann noch Erich Kalbermatter und Thomas Weisskopf auf die Bühne. Die beiden bisherigen Geschäftsführer der EnAW werden per Ende Jahr in Pension gehen. Ihnen gehörte der Schlussapplaus im Berner Kursaal. Und der EnAW-Regenschirm? Der wurde den Besucherinnen und Besuchern beim Ausgang geschenkt – als Erinnerung an diese spannende 22. Ausgabe der EnAW-Fachtagung.
Speziellen Dank gebührt Thomas Weisskopf und Erich A. Kalbermatter für das langjährige Engagement.
29.08.2023
Die Science Based Targets initiative (SBTi) ist eine internationale Klimaschutzinitiative und fordert Unternehmen zur Umsetzung von freiwilligen Klimazielen auf. Die sogenannten Science Based Targets spezifizieren, in welchem Ausmass und bis wann die Unternehmen ihre Treibhausgasemissionen senken müssten, um im Einklang mit dem Pariser Abkommen die globale Erwärmung auf 1.5 °C zu begrenzen.
Der direkte Dialog zwischen Lieferant und Kunde: Ein vielversprechender Ansatz für die Energieoptimierung von Produktionsanlagen.
Wie der Schokoladenhersteller Villars, der gemeinsam mit seinem Lieferanten eine massgeschneiderte Wärmepumpe entwickelt hat, kann jedes Unternehmen seine Lieferanten auffordern, Anlagen speziell an seinen Bedarf anzupassen, um beträchtliche Energieeinsparungen oder -gewinne zu realisieren.
Diese Praxis setzt sich mehr und mehr durch.
«Einem Lieferanten die Aufgabe zu stellen, seine Anlagen hinsichtlich Energieverbrauch und Funktionalität zu optimieren, ist noch nicht die Regel», sagt EnAW-Energieberater Patrick Reusser. «Zu Zeiten billiger Energie waren Produktivität und Präzision vorrangig, nicht der Stromverbrauch. Oft hatten die Unternehmen auch keinen direkten Ansprechpartner für dieses Thema.»
Inzwischen wird die Energieeffizienz für Führungskräfte in Produktion, Technik und Finanzen immer wichtiger. Um die diesbezüglichen Stärken und Schwächen ihrer Anlagen zu ermitteln, können sie heute auf spezielle Tools und spezialisierte Dienstleister zurückgreifen. Unternehmen können nun bei der Neuanschaffung von Maschinen anhand ihrer Analysen spezifische Pflichtenhefte erstellen oder ihre Lieferanten um eine Nachrüstung vorhandener Anlagen bitten – und einige Lieferanten bieten bereits solche «Öko»-Lösungen an.
Patrick Reusser interessiert sich vor allem für Werkzeugmaschinen, für die es noch keine einheitlichen Energieeffizienzklassen gibt und deren Energieverbrauch bei gleicher Leistung um den Faktor 4 variieren kann. Das sind bereits zwei gute Gründe, die für eine enge Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Lieferant sowie für eine sorgfältige, gemeinsame Prüfung der Spezifikationen sprechen. Gegenstand dieses Dialogs, so der Berater, müssen ausserdem die optimale Auslegung der Maschine und deren Parametrierung sein, wobei unter anderem die Grösse der Werkstücke, die Losgrössen in der Produktion und die tatsächlich benötigte Präzision zu berücksichtigen seien. Patrick Reusser weist auch darauf hin, dass es hier um Systeme geht, die mit vielen Hilfsstoffen arbeiten – unter anderem mit Kälte, Druckluft, Wasser. «Werden Hilfssysteme für bestimmte Produktionsschritte nicht benötigt, müssen sie ohne Produktivitätseinbussen abgesperrt und schnell wieder in Betrieb genommen werden können. Dabei ist zu prüfen, ob diese Funktion bereits integriert oder nur als Option verfügbar ist», sagt er. Und er fährt fort: «Selbst ein vorhandener Öko-Modus bleibt ungenutzt, wenn der Anlagenführer nicht darüber informiert ist! Ist die Sperrung nicht programmierbar, tut es auch eine manuelle Abschaltung, sofern sie leicht zugänglich ist … und der Anlagenführer entsprechend geschult wird.
Patrick Reusser, EnAW-Berater, Maschinenbauingenieur (HES). Patrick Reusser verfügt über langjährige Praxiserfahrung in den Bereichen Werkstoffe, Entwicklung von Schneidinstrumenten und Industrialisierung von Bearbeitungsverfahren; er arbeitet heute als Berater in einem Ingenieurbüro.
Elektrische Antriebe sind für nahezu 50 Prozent des gesamten Stromverbrauchs in der Schweiz verantwortlich; in Branchen mit hohem Einsparpotenzial sind es sogar 80 Prozent. EnAW-Energieberater Nicolas Macabrey berichtet im Interview über seine langjährige Erfahrung in Bezug auf die bestmögliche Nutzung dieses Potenzials.
Nicolas Macabrey (NM): Die Bezeichnung umfasst Pumpen, Lüfter, Druckluft- und Kältekompressoren sowie alle sonstigen Komponenten, die von einem Elektromotor angetrieben werden.
NM: Aus den mehreren hundert Analysen und Umsetzungen, die wir in den letzten 15 Jahren durchgeführt haben, wissen wir, dass die möglichen Einsparungen rund 20 bis 40 Prozent betragen. In Extremfällen lässt sich der Verbrauch sogar um 75 Prozent senken!
NM: Man muss vor allem das gesamte System – alle miteinander verbundenen Komponenten – betrachten und im realen Betrieb messen, um herauszufinden, wo die meiste Energie verloren geht. Entgegen der weit verbreiteten Annahme sinkt der Energieverbrauch nur um wenige Prozent, wenn man einen Motor durch ein effizienteres Modell ersetzt. Die grossen Einsparungen liegen woanders: Vor allem ist zu prüfen, welcher Energiebedarf für die jeweilige Anwendung tatsächlich gedeckt sein muss, damit dann das gesamte System an diesen Bedarf angepasst werden kann. Ein Beispiel: Bei einem Lüfter, dessen Abgabeleistung nur 25 Prozent über dem tatsächlichen Bedarf liegt, verdoppelt sich der Energieverbrauch!
Ausserdem laufen die angetriebenen Komponenten – ob Pumpe, Lüfter oder eine andere Ausrüstung – oft nicht im optimalen Betriebsbereich, was beträchtliche Energieverluste verursacht. Auch die beste Pumpe der Welt hat nur einen mittelmässigen oder gar schlechten Wirkungsgrad, wenn sie mit der falschen Drehzahl betrieben wird.
Das dritte grosse Einsparpotenzial liegt in den Stellgliedern – Klappen und Regelventilen –, die möglicherweise unnötig viel Strom verbrauchen. In diesem Fall empfiehlt es sich, das angetriebene Element durch eine neu ausgelegte Komponente zu ersetzen und bei variablem Strombedarf einen Drehzahlregler zu installieren.
Um zu vermeiden, dass eine wenig effiziente Energienutzung für die nächsten 15 bis 25 Jahre fortgeschrieben wird, darf man daher Systemkomponenten nicht einfach durch identische neue Komponenten ersetzen. Mein sogenanntes «Geheimnis» ist also gar nicht so geheimnisvoll: Es geht in erster Linie darum, den tatsächlichen Energiebedarf eines jeden Systems zu ermitteln, um es dann auf diesen Bedarf anzupassen.
NM: Das Bundesamt für Energie (BFE) hat 2023 INCITE eingeführt – ein neues Programm, das sich auf die Optimierung von elektrischen Antrieben konzentriert und von der EnAW unterstützt wird. Um die Fragen der Unternehmen zum Thema elektrische Antriebe beantworten zu können, hat das BFE ein Kompetenznetzwerk aus anerkannten Energiespezialisten eingerichtet. Es ermöglicht den Unternehmen, sich auf eine klar umrissene Planung abzustützen: Wie geht man die Optimierung von elektrischen Antrieben an? Wer bietet Hilfestellung? Welche Verfahren sind geeignet? Welche Tools und Fördermittel sind speziell für die Optimierung von elektrischen Antrieben verfügbar
NM: Unter Umständen gibt es in einem Unternehmen sehr viele elektrische Antriebe; je nach Betrieb können es einige hundert bis mehrere tausend sein. Man sollte sich daher von Anfang an auf die Antriebe mit dem grössten Sparpotenzial konzentrieren. Mit dem vom BFE bereitgestellten INCITE-Tool erstellt das Unternehmen – oder dessen Beraterin oder Berater – zunächst eine Liste aller potenziell interessanten elektrischen Antriebe. Die Auswahlkriterien sind einfach: Die möglichen Einsparungen werden anhand einiger Basisdaten (Alter, Grösse, Betriebsdauer) der jeweils untersuchten Ausrüstung eingeschätzt, woraus sich ergibt, welche Detailanalysen vorrangig durchgeführt werden sollten. So kann man sich auf die Komponenten fokussieren, die potenzielle Einsparungen von mehr als 20 Prozent und einen Payback von unter 5 Jahren bieten.
Dann nimmt ein Spezialist an den ausgewählten elektrischen Systemen Messungen vor und erstellt eine detaillierte Betriebsanalyse. Dieser Schritt ist unverzichtbar, denn ein ineffizienter Betrieb ist nicht leicht zu erkennen! In dieser Phase wird in enger Zusammenarbeit mit der Produktionsleitung und der für die technischen Anlagen des Unternehmens zuständigen Person der tatsächliche Energiebedarf bestimmt.
Die dann vorliegenden Daten ermöglichen genaue Angaben zur Höhe der Energieeinsparung sowie die Auslegung des neuen Systems mit den geeignetsten Komponenten.
Darüber hinaus fallen bei der Optimierung der elektrischen Antriebe oft auch andere Funktionsmängel oder Schwächen auf, deren Beseitigung den Unternehmen zusätzliche Vorteile bringt.
NM: Zum einen gibt es Fördermittel für die Messungen und die Analysen zur Bestimmung, welche Ausrüstung wie ersetzt werden muss; zum anderen wird auch die Umsetzung gefördert, sobald sich die Investitionen konkret beziffern lassen.
NM: Über ihre Beraterinnen und Berater steht die EnAW in direktem Kontakt mit den Unternehmen und kann diese daher sehr effektiv beraten und begleiten. Vor dem Hintergrund der Energiepreise und des latenten Risikos einer Energiemangellage, die eine gewaltige Herausforderung darstellen, hat die EnAW beschlossen, das INCITE-Programm zu unterstützen, indem sie Energieberaterinnen und -berater ausbildet und sie mit einem Mentoringprogramm unterstützt: Die Mentoren – spezialisierte Fachingenieure und -ingenieurinnen – begleiten die Beraterinnen und Berater bei den verschiedenen Optimierungsmassnahmen in der Praxis.
Durch die Optimierung einer Kaskade aus drei Pumpen konnte der Verbrauch um 79 Prozent gesenkt werden. Durchgeführte Massnahmen: Neuauslegung der Pumpen ohne halb geschlossene Ventile, Austausch des defekten Rückschlagventils (vorher).
Durch die Optimierung einer Kaskade aus drei Pumpen konnte der Verbrauch um 79 Prozent gesenkt werden. Durchgeführte Massnahmen: Neuauslegung der Pumpen ohne halb geschlossene Ventile, Austausch des defekten Rückschlagventils (nachher).
NM: Befassen Sie sich möglichst bald mit diesem Thema! Alles, was Sie jetzt umsetzen können, wirkt sich positiv auf Ihre Stromrechnung aus bildet gleichzeitig die Basis für Ihre zukünftigen Zielvereinbarungen.
Nicolas Macabrey, EnAW-Berater, Elektroniker (HES), Elektroingenieur (EPFL) und Doktor der Ingenieurwissenschaften (EPFL) ist seit mehr als zwölf Jahren in einem Beratungsbüro im Bereich elektrische Antriebe tätig. Der Leiter des Kompetenzzentrums des BFE-Programms INCITE hat bereits Hunderte von Analysen in Unternehmen durchgeführt und beteiligt sich seit 2022 intensiv an der Entwicklung von schweizweiten und kantonalen Programmen.
Die «Zeitenwende» hat der Energiewende einen enormen Schub gegeben. Dekarbonisierung, Energie- und Ressourceneffizienz – wir können sicher sein: Es geht voran! Energie ist zu einem der Top-Themen auf den Chefetagen geworden.
Weg zu Netto-Null und zur Kreislaufwirtschaft muss allerdings sehr gut geplant sein. Wir sind überzeugt, dass der von uns verfolgte Ansatz betriebswirtschaftlich und ökologisch die gewünschten Wirkungen erzeugt: weniger Ressourcen, nachhaltige Prozesse und Produkte, sinkende Energiekosten und einen verkleinerten Fussabdruck.
Die EnAW-Methode wurde bereits in den 1990er Jahren «geboren». Gegen die erwarteten, steigenden Energiepreise schuf die Wirtschaft damals das freiwillige Zielvereinbarungsmodell, das später als Lenkungsinstrument auch Einzug in das CO2-Gesetz fand: Analyse, Zielbildung, Massnahmen und Monitoring. Die steigende Energieeffizienz durch die Massnahmenumsetzung sollte die steigenden Energiekosten kompensieren. Heute wissen wir: Das klappt.
Jetzt liegen die nächsten Etappen vor uns. Dafür haben wir die EnAW-Methode auf unsere Angebote «Dekarbonisierung » und «Ressourceneffizienz» übertragen. Wie das in der Praxis aussieht, erfahren Sie hier im Magazin. Ausserdem bieten wir einfache Energiespartipps und eine gute Portion Hintergrundwissen von Energie- und Politikexperten.
Wir wünschen Ihnen eine gute Lektüre!
Rudolf Minsch
Präsident
Erich A. Kalbermatter
Co-Geschäftsführer
Thomas Weisskopf
Co-Geschäftsführer
V-ZUG hat Grosses vor: Das Schweizer Unternehmen will seinen Produktionsstandort in Zug transformieren. Mit diesem Schritt sollen die Produktionskapazität erhöht, aber auch der Energieverbrauch und die CO2-Emissionen gesenkt werden.
V-ZUG stellt unter anderem Backöfen her.
Blick in einen der Brennöfen von V-ZUG.
Auf dem Areal der V-ZUG in Zug bleibt derzeit kein Stein auf dem anderen. Krane sind im Einsatz, Bauarbeiter schwitzen. Das Unternehmen lässt auf seinem Areal gleich mehrere Gebäude errichten. Auf rund der Hälfte seiner heutigen Fläche wird V-ZUG künftig die doppelte Produktionskapazität erreichen. Die Neubauten sind Teil einer Transformationsstrategie, die V-ZUG schon vor acht Jahren beschloss und ein wichtiger Teil des neu entstehenden Tech Cluster Zug ist. Dieser soll nicht nur die Produktion des Schweizer Traditionsunternehmens modernisieren, sondern auch zusätzliche Industriebetriebe und weitere Unternehmen auf dem Areal integrieren. Dadurch soll ein vernetztes städtisches Ökosystem für Innovation, Produktion und Ausbildung entstehen. Sämtliche Gebäude, die V-ZUG nutzen wird, sollen im Jahr 2026/2027 bezugsbereit sein.
Bereits bezogen ist der Neubau «Zephyr Hangar», das neue Produktionsgebäude für die Fertigung und Montage von Haushaltsgeräten wie zum Beispiel Waschmaschinen und Backöfen. Insgesamt 1500 m3 Schweizer Holz hat V-ZUG für den Bau verwendet. Doch nicht nur bei den Baumaterialien zielt «Zephyr Hangar» auf Nachhaltigkeit ab. Innerhalb des Gebäudes kommt beispielsweise ein Warmwasserwärmetauscher zum Einsatz. Dieser nutzt unter anderem einen Teil der Abwärme aus dem Emailofen, der auf rund 850 Grad Celsius erhitzt wird.
Noch im Bau befindet sich unter anderem «Zephyr Ost». Dieses Gebäude erstreckt sich über fünf Etagen und basiert auf 4200 Kubikmetern Recyclingbeton, der zusätzlich mit CO2 angereichert ist. Dieser Beton, so heisst es, spare gegenüber herkömmlichem Beton rund 71 Tonnen CO2 ein. Ein optimiertes Tragwerksystem mit Pilzdecken und Hohlkörpereinlagen sorgt dafür, dass die Decken leichter sind und weniger Beton verbraucht wird – und damit auch weniger CO2. Bislang ist «Zephyr Ost» den Angaben zufolge das grösste Bauprojekt mit klimafreundlicherem Beton.
Sowohl «Zephyr Ost» als auch «Zephyr Hangar» und der dritte Neubau im Bunde, «Zephyr West», sind bzw. werden an den so genannten Multi-Energy-Hub auf dem Gelände des Tech Clusters Zug gekoppelt. Dieser versorgt den Tech Cluster Zug schon heute mit Wärme, Kälte und erneuerbarem Strom. Dazu nutzt er neben der Abwärme der Industrieprozesse auch das See- und Grundwasser, also lokal vorhandene, erneuerbare Energie. Im Sommer wird die Prozesswärme im Grundwasser gespeichert. Im Winter wird sie zum Heizen wieder entzogen. Für Tobias Frei, Projektleiter für den Multi Energy Hub im Tech Cluster Zug, ist der Hub nichts weniger als ein «Leuchtturmprojekt»: «Eine Arealentwicklung mit einer ganzheitlichen Energielösung in dieser Grössenordnung ist meines Wissens in der Schweiz einmalig.»
Bis alle Neubauten fertiggestellt und komplett in Betrieb sind, fährt V-ZUG aber noch zweigleisig. Denn parallel zu den Anlagen in den neuen Gebäuden, die Schritt für Schritt in Betrieb genommen werden, läuft die Produktion in den bestehenden weiter. Deshalb verbraucht V-ZUG trotz der effizienteren neuen Anlagen momentan noch mehr Energie. «Wir haben beispielsweise bei der Emailanlage einen Doppelbetrieb», sagt Marcel Niederberger, Leiter Nachhaltigkeit bei V-ZUG. Hinzu kommt, dass jene alte Gebäude, die V-ZUG für den reibungslosen Produktionsablauf noch nutzen muss, eine deutlich schlechtere Energiebilanz haben als die entstehenden Neubauten. Immerhin wird die neue Energieversorgung das betriebliche Wachstum vom ökologischen Fussabdruck unabhängig machen. So soll der Energieverbrauch bis 2033 wachstumsbedingt um 60 Prozent steigen, der ökologische Fussabdruck sich aber um 27 Prozent verringern.
Vorläufig muss V-ZUG auch noch auf Erdgas zurückgreifen. Künftig soll dieses jedoch durch Wasserstoff ersetzt werden. Dazu hat das Unternehmen ein Pilotprojekt mit der Empa gestartet: Es will auf seinem Gelände eine Methanpyrolyseanlage installieren. Den Wasserstoff will V-ZUG für die Industrieprozesse nutzen. Allenfalls könnte er aber auch für die Fahrzeugflotte eingesetzt werden. Zurzeit setzt V-ZUG beim Ersatz von Fahrzeugen auf rein elektrische Alternativen. Insgesamt sollten die CO2-Emissionen der V-ZUG (Scope 1 und 2) im Vergleich zu 2020 bis 2030 um 80 Prozent sinken. Den grössten Hebel sehen die Verantwortlichen jedoch bei den Geräten und deren Betrieb. Hier könne mit der Langlebigkeit und Reparierbarkeit der Materialien schon viel erreicht werden, heisst es. Auch die Energieeffizienz der Geräte soll laut V-ZUG weiterhin verbessert werden. Zudem soll der Umweltfussabdruck kontinuierlich sinken. Und dies auch mit Hilfe der Gerätenutzerinnen und -nutzer, etwa beim Entscheid, welche Programme gestartet werden oder wie die Restwärme beim Backofen genutzt wird.
Aber auch bei den noch bestehenden Gebäuden wurde immer wieder in die Energieeffizienz investiert. Zum Beispiel wurde ein Teil der Leuchtmittel auf LED umgestellt oder die Raumtemperatur, etwa im Serverraum, angepasst. Zudem nutzen sie die Abwärme der Druckluftzentrale. Massnahmen, die V-ZUG mit Unterstützung der Energie-Agentur der Wirtschaft umgesetzt hat. «Wir haben von der EnAW professionelle Unterstützung bekommen», sagt Niederberger.
In den letzten wie auch noch in den kommen Jahren investiert V-ZUG jährlich ca. 50 Millionen Franken in die Transformation, insbesondere in Produktionsanlagen und Bauten. Bis die Transformation und somit Investition in «Swiss Made» im Jahr 2026/2027 vorerst abgeschlossen ist, dürften die Investitionen mehrere hundert Millionen Franken betragen.
Weitere Infos
29.08.2023
80 Prozent weniger CO2-Emissionen
bis 2030 (gegenüber 2020)
ca. 50 Millionen Franken Investitionen
pro Jahr in die Transformation