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Baden zwischen Tradition und Innovation

09.03.2022

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Das Mineralbad Bogn Engiadina in Scuol ist eine der bekanntesten Adressen für Entspannung und Wasserspass. Badewasser für rund 180 000 Gäste pro Jahr aufzubereiten ist aber energieaufwendig. In Zusammenarbeit mit der EnAW konnte das Bogn Engiadina seine Energiebilanz stark verbessern.

Wirtschaftliche Energiesparmassnahmen ermöglichen einen energieeffizienten Badegenuss im Bogn Engiadina.

Die Tradition der Bäderkur ist in Scuol jahrhundertealt und hat dem Ort zu internationaler Bekanntheit verholfen. Das Bogn Engiadina bietet seinen Gästen auch heute noch ein besonderes Wassererlebnis: Wer sich traut, startet mit einer Abkühlung und steigt in der Kaltwassergrotte in frische 16 Grad Celsius, um sich dann in der benachbarten Warmwassergrotte bei 37 Grad Celsius wieder aufzuwärmen. In der Saunalandschaft herrschen mitunter sogar schweisstreibende 90 Grad Celsius. Im Aussenbereich des Bades können sich die Badegäste vom Sprudelbecken massieren lassen und dabei die Aussicht auf den Piz Lischana zur linken und den Piz Pisoc zur rechten Seite geniessen.

Ein halbes Grad macht viel aus

Damit dieser Badegenuss möglich wird, laufen ein paar Stockwerke weiter unten die Maschinen auf Hochtouren. Adrian Taisch, Leiter Technik des Bades, deutet auf einen Wasserzähler, der eine schnell steigende Zahl anzeigt. «Jetzt hat sich soeben der Wasserfall in der Warmwassergrotte eingeschaltet», erklärt er. Hier unten im Maschinenraum wird fassbar, was es braucht, damit die Gäste sorglos baden und sich entspannen können, und wie viel Energie dabei im Spiel ist. Fraglos die grössten Energiefresser sind die Becken, deren Temperatur konstant gehalten werden muss. Im Unterschied zu vielen anderen Bädern in der Schweiz ist das Bogn Engiadina nämlich nicht ein Thermal-, sondern ein Mineralbad. Für die Wasseraufbereitung bedeutet das nicht nur, dass mehr als eine Tonne Eisen- und Manganablagerungen pro Jahr aus dem System entfernt werden muss. Auch muss das Wasser gerade im Winter aufwendig geheizt werden, wenn es mit nur vier Grad aus dem Berg sprudelt. Der Grossteil der Energie, die das Bogn Engiadina verbraucht, fliesst also in den Heizprozess – und jedes Grad kostet dabei Geld. Es komme vor, dass Badegäste die Wassertemperatur beanstanden. «Für die Kundenzufriedenheit wollen wir dem Gast entgegenkommen und die Wassertemperatur erhöhen», sagt Direktor Claudio Duschletta. «Ein halbes Grad kann aber schon mal bis zu 25 000 Franken pro Jahr zusätzlich kosten.»

Energiesparen hat Tradition

Den Energiehaushalt wirtschaftlich zu optimieren hat in Scuol unter anderem deshalb seit jeher Tradition. Bereits 1995 wurde das Bogn Engiadina mit dem Prix d’Etat für die energietechnische Planung ausgezeichnet, die unter anderem eine Wärmepumpe und ein Wärmerückgewinnungsbecken vorsah – damals ein sehr innovatives Projekt. «Den Preis hätten wir auch heute wieder verdient», sind sich Duschletta und Taisch einig. «So ein Bad, das jeden Tag im Jahr offen hat und auch im Winter eine angenehme Badetemperatur ermöglicht, ist nicht unbedingt ökologisch», räumt Duschletta ein. «Aber in Zusammenarbeit mit der EnAW und unserem Berater Daniel Schneiter konnten wir einige Veränderungen vornehmen, die sich merklich auf unseren Energieverbrauch auswirken.»

Man kann immer etwas verbessern

Adrian Taisch, der 2021 sein 10-Jahr-Jubiläum im Bogn Engiadina feierte, kann bestätigen, dass sich in Bezug auf Energie und Nachhaltigkeit einiges getan hat. Ein entscheidender Impuls für die jüngsten Sanierungen und Massnahmen sei von der EnAW ausgegangen, die das Bogn Engiadina als Grossverbraucher im Jahr 2014 kontaktiert und eine Zusammenarbeit vorgeschlagen habe. Dabei konnten die Techniker auf gute Voraussetzungen aufbauen. Bereits vorhanden war ein Erdsondenfeld mit total sechs Kilometer Leitungen, die im Winter als Wärmequelle dienen. Diese Erdsondenanlage konnte in das neue Energiekonzept eingebunden werden. Vom Frühling bis im Herbst kommen neu Aussenluftkühler zum Einsatz, die auf dem Dach installiert sind und der Umgebungsluft Wärme entziehen. Bleibt dabei Wärme übrig, die nicht für das Heizen der Bäder verwendet wird, kann diese Energie in die Erdsonde eingespeist und bis im Winter gelagert werden. Doch auch kleinere Anpassungen tragen dazu bei, dass weniger Energie verbraucht wird, etwa die wassersparenden Duschköpfe, die im gesamten Bad eingebaut wurden. Alle Massnahmen zusammengenommen, spart das Bogn Engiadina pro Jahr mit bis zu 135 000 Liter nicht nur genug Heizöl, um 45 Haushalte ein Jahr lang zu beheizen, sondern auch 20 000 Kubikmeter Wasser – eine Menge, mit der man ganze 38 Bogn Engiadinas füllen könnte. Eine Rechnung, die mehr als aufgeht: «Das investierte Geld für diese Massnahmen haben wir nach spätestens sechs Jahren wieder drin, die Investition hat sich also absolut gelohnt», sagt Duschletta zufrieden. «Und wir haben jetzt etwas, was auch in Zukunft hält.»

Alles fliesst

Alle Massnahmen, die sich wirtschaftlich auszahlen, konnten im Bogn Engiadina umgesetzt werden. Damit ist es nicht nur in technischer Hinsicht Vorbild in der Schweizer Bäderwelt, sondern trägt auch zu einem nachhaltigen Umgang mit der Umwelt in der Region bei, geht doch ein Teil der Einnahmen an regionale Nachhaltigkeitsprojekte. Gerade durch die Verwurzelung in der Geschichte und Kultur Scuols sei eine nachhaltige Gestaltung des Bades wichtig für die Region: «Das Unterengadin als Tourismusregion nimmt sich die Nachhaltigkeit sehr zu Herzen», sagt Duschletta. «Darum wollen wir uns als eines der grössten Angebote nicht aus der Verantwortung nehmen.» Man dürfe sich aber nicht auf den Lorbeeren ausruhen, so der Direktor: «Mein Wunsch ist es, dass die Anlage so à jour bleibt, dass wir den Gästen auch in Zukunft ein tolles und energieeffizientes Badeerlebnis bieten können.» Dafür müsse man die Augen für Veränderungen offen behalten. Für die Zukunft sind mit Partnern aus der Region verschiedene Projekte geplant, unter anderem auch, um in Nachhaltigkeitsfragen weiter am Ball zu bleiben. Damit soll das Bogn Engiadina in der umkämpften Bäderwelt auch zukünftig eine der ersten Adressen bleiben. Denn, wie Duschletta sagt: «Das Unterengadin ohne das Bogn Engiadina – was wäre das denn?»

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